
Im Nationalpark Bayerischer Wald hat ein Team von Mykologen einen besonderen Fund gemacht. Der seltene Schleimpilz Purpur-Netzkügelchen (Cribraria purpurea) wurde erstmals seit 2015 in der Region entdeckt. Der Fundort liegt in der Nähe des Zwieslerwaldhauses, genauer gesagt in der Großen Deffernik. Mykologe Peter Karasch, der diesen seltenen Pilz entdeckte, wurde in seiner Entdeckung von Fotograf Lukas Haselberger unterstützt, einem Experten für Makroaufnahmen.
Dieser Schleimpilz ist besonders auffällig durch seine magentafarbenen Fruchtkörper, die nur wenige Millimeter groß sind. Purpur-Netzkügelchen sind hauptsächlich in stark zersetzten Nadelholzstämmen nach der Schneeschmelze im Frühling zu finden. Dies stellt den zweiten Nachweis dieser Art im Nationalpark dar, nachdem der erste durch Dr. Lothar Krieglsteiner im Jahr 2015 erfolgte. Derartige Funde sind von großer Bedeutung, da Schleimpilze eine besondere Stellung zwischen dem Pilz- und Tierreich einnehmen.
Vielzahl seltener Pilzarten entdeckt
Doch nicht nur der Schleimpilz zieht die Aufmerksamkeit der Forschenden auf sich. Auf Misthaufen in Offenlandflächen des Nationalparks wurden zusätzlich zwei weitere seltene Pilzarten entdeckt: der olivfarbene Mistpilz (Bolbitius variicolor) und der dreisporige Tintling (Coprinopsis trispora). Diese Entdeckung wurde von Mykologen wie Prof. Claus Bässler und Peter Karasch bei der Untersuchung von Pferdekoppeln gemacht, wo der Mist kurzfristig Wärme für das Pilzwachstum speichert.
In nur einer Woche konnten auf vier Misthaufen sechs interessante Pilzarten bestimmt werden. Besonders der dreisporige Tintling, der erstmals im Böhmerwald gefunden wurde und einen narkotischen Geruch aufweist, könnte für die Forschung von Bedeutung sein. Diese Pilze sind spezialisiert auf den Abbau von pflanzlichem Dung und somit stark an die Tierhaltung gebunden. Moderne Tierhaltungspraktiken, die häufig mit hohem Antibiotikaeinsatz arbeiten, tragen erheblich zur Reduzierung solcher Pilzarten bei.
Biodiversität im Nationalpark fördern
Die Funde im Nationalpark verdeutlichen die Rolle solcher Flächen, insbesondere Plätze mit Stallmist, als wichtige Lebensräume für die Pilzvielfalt. Die Untersuchungen unterstreichen das Potenzial des Nationalparks, Biodiversität auch in Offenlandstandorten zu fördern. Dies korreliert mit Projekten, die das Vorkommen von holzbewohnenden Pilzarten in speziellen Managementflächen untersuchen, wie sie im Nationalpark gesetzt werden.
Insgesamt wurden im Nationalpark Bayerischer Wald in den letzten Jahren über 230 Pilzarten dokumentiert, darunter auch viele, die auf den Roten Listen geführt sind. Solche Forschungsprojekte, die von Peter Karasch und anderen durchgeführt wurden, sind entscheidend für den Erhalt und das Verständnis der Biodiversität in dieser Region. Das Management durch gezielte Pflege und den Erhalt von Totholz könnte die Lebensbedingungen für viele Pilzarten weiter verbessern.
Die Einzigartigkeit des Böhmerwaldes, als Hotspot für die Pilzvielfalt in Mitteleuropa, zeigt sich deutlich in den Forschungsergebnissen. Der Nationalpark Bayerischer Wald bleibt damit nicht nur ein Rückzugsort für viele Tier- und Pflanzenarten, sondern auch ein lebendes Labor für die Wissenschaft.
Weitere Informationen zu den aktuellen Funden und Projekten im Nationalpark finden Sie bei Merkur, PNP und Nationalpark Bayerischer Wald.