
Die syrische Regierung unter dem neuen Interimspräsidenten Ahmed al-Sharaa hat eine grundlegende Wende in der Wirtschaftspolitik angekündigt. Nach mehr als fünf Jahrzehnten der Misswirtschaft und Korruption unter der Herrschaft von Bashar al-Assad soll nun eine freie Marktwirtschaft etabliert werden. Diese Entwicklung findet vor dem Hintergrund statt, dass die frühere Assad-Regierung die Wirtschaft in den Ruin getrieben hat, während internationale Sanktionen dazu beigetragen haben, die Situation weiter zu verschärfen. Unternehmer wie Mahmoud Anis, der eine Textilfirma in Aleppo führt, äußern vorsichtigen Optimismus.
Anis berichtet, dass seine Firma während des Krieges zeitweise gezwungen war, die Produktion einzustellen, da Maschinen mehr überwacht als genutzt wurden. Die unzuverlässige Energieversorgung und die hohen Treibstoffkosten setzen den Unternehmern weiterhin zu. Strompreise von 24 Cent pro kWh stehen im krassen Gegensatz zu 5 Cent pro kWh in Ägypten, was die Wettbewerbsfähigkeit massiv beeinträchtigt. Früher exportierte der Iran billigen Treibstoff nach Syrien, doch diese Quelle ist seit dem Machtwechsel versiegt.
Herausforderungen der Unternehmen
Die neu gegründete Regierung plant, weniger Bürokratie und Korruption zu fördern, um das Geschäftsklima zu verbessern. Mokhles al-Nazar, ein Berater der syrischen Zentralbank, hebt die Notwendigkeit von Stromsubventionen für Unternehmen hervor. Unternehmer wie Mohammed al-Shami hoffen auf eine Senkung der Energiekosten, um die Produktion zu steigern und Arbeitsplätze zu schaffen.
Die internationale Gemeinschaft zeigt sich ebenfalls aktiv. Am 24. Februar beschlossen die EU-Außenministerinnen und -minister einstimmig eine teilweise Aussetzung der Sanktionen gegen Syrien, die Bereiche wie Energie, Verkehr und den Bankensektor betreffen. Diese Sektoren sind entscheidend für den Wiederaufbau Syriens. Obwohl diese Entscheidung einige Erleichterungen bringt, bleibt die Sicherheitslage aufgrund ungelöster Konflikte und der Ungewissheit in der Friedenslage kritisch für die Unternehmer in Aleppo.
Die Rückkehr von Fachkräften
In den letzten Monaten sind Zehntausende Syrer aus dem Ausland zurückgekehrt. Dennoch zögern gut ausgebildete Rückkehrer, sich festzusetzen, da sie die Entwicklung der Lage abwarten möchten. Die hohe Arbeitslosenquote von 43,5 % im Jahr 2019 und der Mangel an gut ausgebildetem Personal sind drängende Probleme, die die wirtschaftliche Erholung bremsen könnten.
Die syrische Wirtschaft leidet zudem unter einem Rückgang der Ölproduktion und den anhaltenden, weitreichenden internationalen Sanktionen. UNICEF schätzt, dass der Wiederaufbau Syriens zwischen 250 und 1 Billion US-Dollar kosten könnte. Trotz vereinzelter Aufhebungen von Sanktionen durch die EU und die USA bleibt die wirtschaftliche Erholung eine immense Herausforderung. Sollte sich die Lage verschlechtern, so warnte die EU-Außenbeauftragte, könnten die Sanktionen auch zurückgenommen werden.
Die geopolitischen Interessen der relevanten internationalen Akteure sind unterschiedlich, was den Wiederaufbau Syriens betrifft. Ein Ungleichgewicht in den politischen und wirtschaftlichen Interessen könnte die Bemühungen zur Stabilisierung des Landes weiter erschweren. Der UN-Sicherheitsrat forderte in der Resolution 2254 einen politischen Prozess, der für die wirtschaftliche Erholung und den Wiederaufbau Syriens essenziell ist.
Die Entwicklung in Syrien ist ein hart umkämpftes Terrain. Die Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung hängt letztlich von der Stabilität der politischen Verhältnisse und der internationalen Unterstützung ab. Die unternehmerische Initiative vor Ort politisch und wirtschaftlich zu stärken, wird eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre sein.
tagesschau.de berichtet, dass …
wko.at informiert, dass …
swp-berlin.org erläutert, dass …