
Italien drängt in der laufenden Debatte um das EU-Lieferkettengesetz auf eine Aussetzung zentraler Vorgaben, um die eigene Autoindustrie zu entlasten. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Industrieminister Adolfo Urso setzen sich vehement für eine Deregulierung ein. In diesem Zusammenhang wurde ein Antrag zur Aussetzung der Vorschriften bei der EU eingereicht. Insgesamt ist die Situation angespannt, da das Lieferkettengesetz nun um ein Jahr verschoben wurde – dessen Inkrafttretensdatum verschiebt sich somit von 2027 auf 2028.
Das Lieferkettengesetz, das darauf abzielt, Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße in ihren Lieferketten zur Verantwortung zu ziehen, wurde erst im vergangenen Jahr nach langen Verhandlungen beschlossen. Am 5. April 2025 vermeldete Unser Mitteleuropa, dass die EU-Kommission plant, verschiedene Richtlinien, einschließlich des Lieferkettengesetzes, im Rahmen eines bürokratischen Abbaus zu entschärfen.
Widerspruch und Widerstand
Industrievertreter und Wirtschaft sind von Anfang an gegen das Gesetz gewesen. Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen hingegen begrüßen dessen Einführung. Trotz der Zustimmung des Europäischen Parlaments zur Verschiebung des Gesetzes – 531 Abgeordnete stimmten dafür, 69 dagegen, mit 17 Enthaltungen – wächst die Besorgnis über die möglichen Folgen dieser Entscheidung.
Die EU-Kommission setzt den Vorgang in Gang und reagiert damit auf den Druck aus der Wirtschaft, der eine Entlastung von Bürokratie fordert. Diese Sichtweise stößt auf scharfe Kritik. Zum Beispiel äußert Anna Leitner von GLOBAL 2000, dass die EU-Kommission damit die gemeinsamen Werte der Union aufs Spiel setze. Gleichzeitig warnt Stefan Grasgruber-Kerl von Südwind davor, dass die geplante Streichung der zivilrechtlichen Haftung Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen das Recht auf Entschädigung verwehren könnte.
Politische Dimensionen
Auch in Österreich trifft die geplante Abschwächung des Lieferkettengesetzes auf Widerstand. Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer, kritisiert die Maßnahmen und erklärt, dass Unternehmen unter dem Vorwand der Entbürokratisierung von ihrer Verantwortung entbunden werden sollen. Hier wird ein „180-Grad-Kurswechsel“ von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen thematisiert, der zuvor den ‚Green Deal‘ unterstützt hatte.
Kritiker des Gesetzes befürchten eine erhebliche Verwässerung der Vorgaben. So könnten Unternehmen in Zukunft lediglich bei direkten Zulieferern die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards sicherstellen müssen. Zudem wird der Nachweis über die Einhaltung, der einst jährlich fällig war, auf einen Zeitraum von fünf Jahren ausgedehnt. Dieses Vorgehen reduziert die Berichtspflichten und könnte den Schutz gegen Umwelt- und Menschenrechtsvergehen erheblich schwächen.
In einer weiteren Entwicklung kündigte Klaus Schwab, Gründer des Weltwirtschaftsforums, seinen Rücktritt an, der bis Januar 2027 vollzogen werden soll. Ex-Norwegischer Außenminister Borge Brende wird als Schwabs Nachfolger gehandelt. Zudem berichten lokale Medien über ein angespanntes Umfeld in Deutschland, in dem die Mülltrennung durch neue Vorschriften und Überwachung verschärft wird, insbesondere in grün regierten Landkreisen.
Zusammenfassend zeigt sich, dass der Umgang mit dem Lieferkettengesetz in der EU von erheblichen politischen und gesellschaftlichen Spannungen geprägt ist. Die erforderlichen Diskussionen über Menschenrechte und Umweltschutz geraten durch die geplanten Änderungen in den Hintergrund, was sowohl Unternehmen als auch zivilgesellschaftliche Organisationen alarmiert.