
Der massive Ausbau der deutschen Stromnetze ist von grundlegender Bedeutung für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Schätzungen zufolge beträgt der Investitionsbedarf bis 2045 etwa 651 Milliarden Euro. Diese Forderung wird durch eine aktuelle Studie von Ökonomen der Universität Mannheim, unterstützt von der Hans-Böckler-Stiftung, untermauert. Dabei wird auch auf die Auswirkungen hingewiesen, die sich aus der Finanzierung der Netzinfrastruktur ergeben.
Bei der Finanzierung rücken verschiedene Modelle in den Mittelpunkt der Diskussion. Bei öffentlicher Finanzierung könnten die durchschnittlichen Netzentgelte moderat um 1,7 Cent pro kWh steigen. Im Gegensatz dazu würden private Investoren die Netzentgelte um 3 Cent pro kWh erhöhen. Bei einer Selbstfinanzierung durch die Netzbetreiber, was als die teuerste Option angesehen wird, lägen die zusätzlichen Kosten sogar bei 7,5 Cent pro kWh. Für den Vergleich: 2021 betrugen die Netzentgelte im Durchschnitt etwa 5,1 Cent/kWh, während eine Prognose für 2024 auf etwa 7,7 Cent/kWh hinweist.
Herausforderungen und Lösungen
Die Notwendigkeit leistungsfähiger Netze geht über deutsche Grenzen hinaus und wird auch in Nachbarländern wie Österreich betont. Ein effektiver Netzausbau ist entscheidend für eine unabhängige und klimagerechte Energieversorgung. Verspätungen oder mangelnder Ausbau könnten möglicherweise nachteilige finanzielle Auswirkungen haben. Dies wird auch durch die Dachverbände in Österreich, wie den EEÖ, vertreten, die eine Diskussion über die Finanzierung des Netzausbaus anstoßen möchten.
Aktuell erfolgt die Finanzierung der Stromnetze überwiegend über Netzentgelte, die von den Netznutzern getragen werden. Diese regulierte Finanzierung wird jedoch als zu langsam für eine effektive Umsetzung der Energiewende kritisiert. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Netzgebühren für Haushalte und Unternehmen sich verdoppeln könnten, was ernsthafte soziale und wirtschaftliche Folgen mit sich bringen könnte.
Langfristige Perspektiven und wirtschaftlicher Nutzen
Langfristig könnte der Netzausbau jedoch volkswirtschaftliche Vorteile bringen. Potenziell könnten mehr als 320.000 neue oder gesicherte Arbeitsplätze geschaffen werden, wobei 75% der Wertschöpfung aus dem Inland stammen könnten. Zusätzliche Investitionen würden auch hohe Steuereinnahmen generieren. Dies könnte langfristig auch die Versorgungssicherheit für Haushalte und die Wirtschaft erheblich verbessern.
Vor dem Hintergrund der benötigten Geschwindigkeit des Netzausbaus stehen die Akteure jedoch vor Herausforderungen. Die Genehmigungsverfahren sind oft langwierig und die Ausbaugeschwindigkeit muss sowohl bei Verteil- als auch bei Übertragungsnetzen erheblich erhöht werden. Zudem wird der kostenintensive Ausbau von Erdkabeln kritisch hinterfragt. Um den Net Zero Pfad zu erreichen, müssen Netzbetreiber ihre Investitionen deutlich erhöhen und gleichzeitig eine Balance zwischen der Eigenkapitalverzinsung und der Begrenzung der Netzentgelte finden.
Um die Finanzierungskosten im Stromsystem zu reduzieren, werden verschiedene Vorschläge diskutiert, darunter die Einführung eines Amortisationskontos und die Nutzung niedrigverzinslichen Fremdkapitals aus Förderquellen wie der KfW. In diesem Kontext könnte der Energiewende-Fonds von BDEW, VKU und Deloitte als eine Lösung dienen, um die Finanzierung der Infrastruktur effizienter zu gestalten.
Die Debatte um die Finanzierung des Netzausbaus ist also in vollem Gang. Politische sowie wirtschaftliche Verantwortliche müssen zusammenarbeiten, um die Weichen rechtzeitig richtig zu stellen, um sowohl den ökologischen als auch den ökonomischen Herausforderungen gerecht zu werden.