
Am 26. März 2025 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass der Solidaritätszuschlag, auch „Soli“ genannt, weiterhin bestehen bleibt. Sechs FDP-Politiker hatten Verfassungsbeschwerde gegen die Erhebung des Zuschlags eingelegt und dessen endgültige Abschaffung gefordert. Das Gericht wies die Klage jedoch als unbegründet zurück (Az. 2 BvR 1505/20). Die Richterin Christine Langenfeld betonte, dass nach wie vor ein wiedervereinigungsbedingter Finanzierungsbedarf des Bundes besteht, welcher durch den Zuschlag teilweise abgedeckt wird.
Der Solidaritätszuschlag wurde seit seiner Einführung am 1. Januar 1995 als Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben. Ursprünglich mussten alle Steuerpflichtigen den Zuschlag zahlen, jedoch werden seit 2021 nur noch Gutverdiener zur Kasse gebeten. Der derzeitige Satz beträgt 5,5 % der Einkommen- oder Körperschaftsteuer. Die aktuellen Einkommensgrenzen für die Abgabenpflicht liegen bei 73.484 Euro für Ledige und 146.968 Euro für verheiratete Paare. Somit sind die meisten Steuerzahler, die unter diesen Grenzen liegen, von der Abgabe befreit, während Unternehmen und höhere Gewinne aus Kapitalanlagen weiterhin voll belastet sind.
Entscheidung und ihre politischen Implikationen
Das Gericht stellte in seiner Entscheidung fest, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Insbesondere wurde das Auslaufen des Solidarpakts Ost nicht als ausschlaggebend für die Entscheidung angesehen. Die Richter erkannten gleichzeitig an, dass nur etwa 10 % der Steuerpflichtigen den Solidaritätszuschlag bezahlen müssen. Politisch könnte dieses Urteil die Koalitionsgespräche zwischen CDU, CSU und SPD zur Bildung einer neuen Bundesregierung beeinflussen.
Sechzehn Jahre nach der Wiedervereinigung bleibt die Diskussion um den Solidaritätszuschlag angesichts der bestehenden strukturellen Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland relevant. Ein Gutachten hatte gezeigt, dass es weiterhin signifikante Unterschiede in der finanziellen Situation der beiden Regionen gibt. Im Jahr 2020 generierte der Zuschlag Einnahmen von 18,7 Milliarden Euro, während die vereinigungsbedingten Belastungen nur bei rund 13 Milliarden Euro lagen, was die Notwendigkeit des Zuschlags unterstreicht.
Finanzielle Perspektiven und mögliche Rückerstattungen
Das Urteil könnte schwerwiegende finanzielle Konsequenzen haben. Hätte das Gericht entschieden, den Soli für rechtswidrig zu erklären, wären Rückzahlungen von insgesamt etwa 65 Milliarden Euro an die Steuerzahler notwendig geworden. Gleichzeitig hätte der Verlust des Solidaritätszuschlags im Haushaltsjahr 2025 zu einem Defizit von fast 78 Milliarden Euro geführt. In der politischen Arena fordern vor allem Mitglieder der Union im Wahlkampf die Abschaffung des Zuschlags als Teil eines Steuersenkungsprogramms. Im Gegensatz dazu beabsichtigt die SPD, den Solidaritätszuschlag für Spitzeneinkommen und die Wirtschaft beizubehalten.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lässt eine grundlegende neudeutsche Debatte über den Solidaritätszuschlag aufleben. Die Auffassung, die Steuerpflichtigen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern, wurde von Juraprofessor Uwe Volkmann, der die Grünen vor Gericht vertritt, unterstützt. Laut Volkmann steht der Gesetzgeber in einem weiten Ermessen bei der Einführung zusätzlicher Abgaben.
In einer Zeit, in der die politische Diskussion über Steuererleichterungen und die Umverteilung von Ressourcen an Intensität gewinnt, wird sich zeigen müssen, wie die zukünftige Regierung mit den Herausforderungen, die das Urteil mit sich bringt, umgeht.