
Ulrich Betzold ist Geschäftsführer der Betzold GmbH und stellvertretender Vorsitzender der IHK Ostwürttemberg. Er leitet ein Unternehmen, das über 100.000 Produkte für Schul- und Kindergartenbedarf vertreibt, von denen rund 2.100 in Europa hergestellt werden. In einer aktuellen ARD-Story äußert Betzold seine Bedenken über den Druck, den der chinesische Internetmarktplatz Temu auf den Versandhandel ausübt. Trotz stabiler Umsätze sieht er sich mit rückläufigen Verkäufen konfrontiert, insbesondere auf dem Gebiet der Bastelmaterialien, die von Temu zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden.
Ein zentraler Kritikpunkt von Betzold ist die ungleiche Behandlung von europäischen Unternehmen im Vergleich zu Temu-Händlern. Letztere müssen keine Einfuhrumsatzsteuer und Zölle zahlen und profitieren somit von erheblichen Wettbewerbsvorteilen. Dies führt zu einer verzerrten Marktlage, die nicht nur den heimischen Versandhandel gefährdet, sondern auch die deutschen Verbraucher in ihrer Kaufkraft und Auswahl einschränkt.
Regulierung der Zollpolitik
Die EU-Kommission plant, die Zollbefreiung für Sendungen bis 150 Euro abzuschaffen. Betzold hält dies für einen ersten Schritt in die richtige Richtung, um die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern. Er fordert eine Marktplatzhaftung, die es ermöglichen würde, dass Plattformen wie Temu auch für Steuern und Zölle verantwortlich gemacht werden. Dies würde eine Fairness im Wettbewerb fördern und könnte auch dazu beitragen, die Kontrolle über die Händler auf solchen Plattformen zu verbessern.
Betzold betont zudem die Notwendigkeit effizienter Kontrollen an den Außengrenzen der EU. Die aktuellen Herausforderungen sind nicht nur auf den Versandhandel beschränkt, sondern betreffen auch die gesamte Industrie, die unter den Konsequenzen der Digitalisierung und einer globalisierten Marktlandschaft leidet. Die Abhängigkeit von China und die damit verbundenen Schwierigkeiten, Produktionskapazitäten zurückzuholen, zählen zu den größten Herausforderungen, mit denen europäische Unternehmen heute konfrontiert sind.
Die Auswirkungen von Zöllen
Die Problematik um Zölle ist nicht neu. Zölle sind steuerliche Abgaben auf importierte Güter und ein essentielles Werkzeug in der Handelspolitik, das von Regierungen eingesetzt wird, um lokale Industrien zu schützen oder Einnahmen zu sichern. Lange Zeit wurden sie als Druckmittel in Handelsabkommen verwendet, um Marktzugänge zu beeinflussen. Für Verbraucher erhöhen Zölle meist die Preise von Importwaren, was nicht nur die Kaufkraft schmälert, sondern auch die Auswahl einschränkt und zu Ineffizienzen in der Wirtschaft führt.
Unternehmen können zwar von Preisvorteilen gegenüber ausländischen Anbietern profitieren, doch insgesamt gefährden hohe Zölle die Innovationskraft und erhöhen die Kosten in den Lieferketten. Finanzberater empfehlen Anlegern daher, die Auswirkungen von Zöllen auf die Märkte und Anlagestrategien genau zu beobachten. Während konventionelle Steuern eine stabilere Einnahmequelle für öffentliche Dienstleistungen bieten, regulieren Zölle die Handelsströme auf eine Weise, die direkt auf importierte Güter ausgelegt ist.
Betzold hat persönlich die Produktion von Kunststoffprodukten nach Indien verlagert und stellt nun in Ellwangen Biopolymer her. Er sieht sich jedoch auch den Folgen einer möglichen Deglobalisierung gegenüber und warnt vor der Rückkehr zu nationalen Märkten, die möglicherweise nicht die Lösung für eine nachhaltige wirtschaftliche Zukunft bieten.
Mit einem Team von 400 Mitarbeitenden bleibt die Betzold GmbH international aktiv, doch die Herausforderungen im internationalen Handel werden zunehmend komplexer. Die Entwicklungen rund um Temu und die damit verbundenen zollpolitischen Fragen werden das Geschäftsklima in der EU weiterhin prägen.
Für weitere Informationen siehe Schwäbische Post, Spiegel und Investment Week.