
In Serbien dauern die Proteste gegen die Regierung unter Präsident Aleksandar Vučić unvermindert an. Am heutigen Tag organisiert Vučić eine Großveranstaltung in der Innenstadt von Belgrad, die aufgrund dieser Veranstaltung für etwa einen Kilometer absperrt ist. Unter weißen Zeltdächern wurden Stände und drei Bühnen aufgebaut, auf denen der Präsident am Abend auftreten wird, um die Gründung seiner „Bewegung für das Volk und den Staat“ zu verkünden. Es ist das Ergebnis seiner dreijährigen Ankündigung, eine neue Bürgerbewegung ins Leben zu rufen, und seine Aufrufe zur Teilnahme an der Kundgebung sind in Medien und sozialen Netzwerken weit verbreitet. Eine Anhängerin äußert den Wunsch nach Einigkeit und Frieden für Serbien, während am Veranstaltungsort Plakate mit der Aufschrift „Ne damo Srbiju“ (Wir geben Serbien nicht her) zu sehen sind. Tagesschau berichtet, dass Vučić in einer Fernsehansprache beschuldigte, die Protestierenden würden von ausländischen Mächten gelenkt und warnte vor Rache und Strafverfolgung.
Die Protestwelle, die sich seit Monaten in Serbien entfaltet, hat ihren Ursprung in tiefgreifenden gesellschaftlichen Missständen. Laut der Süddeutschen Zeitung richteten sich die Proteste gegen eine anhaltende Korruption und einen signifikanten Verlust an Vertrauen in die Regierung. Auslöser für die Massenproteste war der tragische Einsturz des Vordachs des Bahnhofs von Novi Sad am 1. November 2024, bei dem 15 Menschen starben. Seither haben Hunderttausende an den Demonstrationen teilgenommen, die größte politische Mobilisierung in der Geschichte des Landes, die eine breite Bevölkerungsschicht umfasste, darunter Familien und ältere Bürger.
Reaktionen der Regierung
Die Regierung hat wiederholt versucht, die Proteste zu minimieren, etwa durch die Streichung von Zugverbindungen und einen Verkaufsstopp von Bustickets nach Belgrad. Es gab gewaltsame Auseinandersetzungen, in denen Pfefferspray eingesetzt wurde und Steine flogen. Trotz der massiven Proteste erklärte die Polizei, dass die Zahl der Demonstranten bei 107.000 liege, während andere Schätzungen bis zu 325.000 Teilnehmer betrafen. Die Proteste wurden von der Bürgergruppe „Archiv öffentlicher Versammlungen“ als das größte Treffen in Belgrads Geschichte gewertet.
Darüber hinaus stellte Präsident Vučić viele der Forderungen, die die Studenten während der Proteste erhoben, als erfüllt dar. Dies wurde jedoch von den Studentenvertretern vehement bestritten. Die Unzufriedenheit hat nicht nur Studenten und Schüler mobilisiert, sondern auch zu einem akademischen Generalstreik geführt, während viele Fakultäten und Schulen besetzt wurden und die Wut über die verfehlte Politik lautstark zum Ausdruck gebracht wird.
Erinnerung und Forderungen
Ein weiterer bedeutender Anlass für Proteste war die erschütternde Welle von Schusswaffenangriffen, bei denen am 3. Mai 2023 17 Menschen getötet wurden. Diese Vorfälle führten zu Schweigemärschen in Belgrad und Novi Sad, bei denen Tausende gedenken und Unruhen gegen Vučić und seine Regierung äußern. Diverse Oppositionsparteien fordern den Rücktritt von Regierungsministern und kritisieren den Einfluss der staatlich kontrollierten Medien. Diese Proteste stellen eine wachsende Distanzierung von der Regierung dar und spiegeln die Enttäuschung der Bevölkerung wider, die grundlegende Veränderungen einfordert.
Inmitten eines sich zuspitzenden politischen Klimas bleibt Serbiens Zukunft ungewiss. Die anhaltenden Proteste zeigen deutlich, dass die Bürger nicht gewillt sind, die gegenwärtige Regierung einfach zu akzeptieren, und die Forderungen nach Gerechtigkeit und Reformen immer lauter werden. Während die Straßen Belgrads und Novi Sad weiterhin von Demonstranten belebt werden, steht fest, dass die politische Landschaft Serbiens sich in den kommenden Monaten erheblich verändern könnte.