
Die politische Situation in Serbien hat einen dramatischen Wendepunkt erreicht. Die Regierung unter Ministerpräsident Miloš Vučević hat ihren Rücktritt eingereicht, ein Schritt, der auf landesweite Proteste gegen Korruption zurückzuführen ist. Die Welle der Unruhe folgte dem tragischen Einsturz eines Bahnsteigdachs in Novi Sad im November, bei dem 15 Menschen ihr Leben verloren. Diese Tragödie hat die Serben auf die Straße gebracht und die Forderungen nach mehr Transparenz und Rechtsstaatlichkeit verstärkt, da viele die Korruption und mangelhafte Bauaufsicht für das Unglück verantwortlich machen.
Nachdem Präsident Aleksandar Vučić angedeutet hat, dass Neuwahlen stattfinden könnten, wenn innerhalb von 30 Tagen keine neue Regierung gebildet wird, sehen viele Bürger, dass diese Proteste das Potenzial haben, tiefere strukturelle Veränderungen in der serbischen Politik zu bewirken. Laut Berichten von Focus wurden bereits Termin für mögliche Neuwahlen auf den 8. Juni festgelegt.
Proteste gewinnen an Dynamik
Die Proteste, bei denen nach Schätzungen zwischen 275.000 und 325.000 Menschen zusammenkamen, haben die Innenstadt von Belgrad zum Beben gebracht. Demonstranten schwenkten Schilder mit dem Slogan „Korruption tötet“ und forderten die Offenlegung aller Informationen zur Renovierung des betroffenen Bahnhofs. Wie DW berichtet, wurde das Motto „Am 15. für die 15“ in Gedenken an die Unfallopfer gewählt und die Menge sang den Schlachtruf „Pumpaj! Pumpaj!”.
Trotz der massiven Mobilisierung hat die Regierung, die von Führern wie Vučić und Vučević vertreten wird, jegliche Fehler im Zusammenhang mit dem Unglück zurückgewiesen. Die Regierung sieht die derzeitige politische Instabilität als Ergebnis ausländischer Eingriffe, während Kritiker betonen, dass der Präsident und seine Verbündeten durch Korruption und die Einschränkung der Medienfreiheit an der Macht bleiben.
Sicherheit und Reaktion der Regierung
Obwohl das Protestereignis überwiegend friedlich verlief, gab es einen Vorfall, bei dem ein Autofahrer in eine Gruppe von Demonstranten fuhr und mehrere Verletzte verursachte. Präsident Vučić äußerte sich jedoch positiv zur Sicherheit der Veranstaltung und bemerkte, dass keine schweren Verletzungen gemeldet wurden. Er fügte hinzu, dass er sich von den Demonstranten nicht unter Druck setzen lassen wolle.
Die Situation bleibt angespannt, und die Forderungen nach einer Bestrafung korrupter Akteure haben unter den Bürgern einen hohen Stellenwert. Mitglieder des Europäischen Parlaments haben sogar gefordert, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihr geplanter Besuch bei Präsident Vučić abgesagt wird, um gegen die demokratischen Rückschritte in Serbien ein Zeichen zu setzen, wie Spiegel berichtet.
Mit einer Bevölkerung von etwa 6,7 Millionen Menschen hat Serbien eine komplexe Beziehung sowohl zu Russland als auch zu den westlichen Nationen. Als EU-Beitrittskandidat steht das Land unter Druck, insbesondere in Bezug auf die Normalisierung seiner Beziehungen zu Kosovo, was die politische Landschaft weiter beeinflusst.