
In der Türkei hat sich am 29. März 2025 die größte Demonstration seit den Gezi-Protesten von 2013 ereignet. In Maltepe, einem Stadtteil von Istanbul, versammelten sich Hunderttausende von Menschen, um gegen die Inhaftierung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu zu protestieren. Die Cumhuriyet Halk Partisi (CHP) spricht von bis zu 2,2 Millionen Teilnehmern, die am letzten Tag des Fastenmonats Ramadan auf die Straßen gingen.
Die Protestierenden forderten vor allem die Freilassung des amtierenden Bürgermeisters, der am 19. März festgenommen wurde. İmamoğlu verbüßt derzeit Untersuchungshaft wegen Korruptionsvorwürfen und gilt als der wichtigste Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Die Versammelten skandierten Slogans wie „Tayyip istifa“ (Tayyip, tritt zurück) und forderten Recht sowie Gerechtigkeit. Viele trugen türkische Flaggen, Fahnen der CHP und Porträts von Mustafa Kemal Atatürk, der als Gründer der modernen Türkei gilt.
Politische Spannungen und die Rolle von İmamoğlu
Özgür Özel, der Vorsitzende der CHP, betonte die Bedeutung der Demonstrationen für die Demokratie im Land und stellte klar, dass die Proteste bis zur Entlassung İmamoğlus oder der Ansetzung vorgezogener Präsidentschaftswahlen fortgesetzt werden. In einer KI-generierten Videonachricht wandte sich İmamoğlu an die Menge und betonte seine Unterstützung und Dankbarkeit gegenüber den Demonstranten.
Die Proteste sind als Reaktion auf die politisch motivierten Vorwürfe gegen İmamoğlu zu verstehen. Sein Korruptionsverfahren wird von vielen als politisches Manöver zur Diskreditierung angesehen. Berichten zufolge wurden seit Beginn der Proteste etwa 2.000 Menschen festgenommen, darunter auch zahlreiche Journalisten. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat das Vorgehen der türkischen Behörden verurteilt, was die ohnehin angespannten politischen Verhältnisse weiter verschärft.
Ausweitung der Protestbewegung
Die Opposition plant bereits eine Ausweitung der Proteste. Geplant ist, zukünftig jeden Samstag in einer türkischen Stadt und jeden Mittwoch in Istanbul zu demonstrieren. Özgür Özel kündigte große Kundgebungen in mehreren Städten an, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Der Protest in Istanbul markiert den Auftakt einer Kampagne, die İmamoğlu als potenziellen Präsidentschaftskandidaten für 2028 ins Gespräch bringt.
Imamoğlus aktuelle Haftbedingungen wurden als akzeptabel beschrieben; er befindet sich im Silivri-Hochsicherheitsgefängnis. Özel berichtete, dass İmamoğlu in guter Verfassung ist und nicht misshandelt wird, was jedoch die Entschlossenheit der demonstrierenden Massen nicht mindert. Die Opposition mobilisiert Hunderttausende, was die größte Protestwelle seit über einem Jahrzehnt darstellt und Erinnerungen an die Gezi-Proteste wachruft, die gegen die autoritäre Politik Erdogans gerichtet waren.
Die Türkei steht vor einer schweren politischen Krise, während die Opposition ihre Stimmen erhebt und für Gerechtigkeit kämpft. Diese Ereignisse könnten entscheidend für die zukünftige politische Landschaft des Landes sein, da der Druck auf die Regierung und das Streben nach Demokratie unüberhörbar bleiben.