
Am 31. Januar 2025 ist Belgien an einem historischen Wendepunkt angekommen: Erstmals wird eine Regierung unter der Führung der rechten Neuen Flämischen Allianz (N-VA) gebildet. Bart De Wever, zuvor Bürgermeister von Antwerpen und Vorsitzender dieser Partei, hat den Auftrag zur Bildung einer Koalitionsregierung erhalten, nachdem die N-VA bei der Wahl zur neuen Abgeordnetenkammer im Juni 2024 die stärkste Kraft wurde. Es ist ein bedeutender Moment für die belgische Politik, denn die N-VA blieb bei der vorherigen Wahl 2019 trotz der meisten Stimmen in der Opposition.
Die Regierungsbildung war alles andere als einfach. Nach einem ersten Versuch einer Koalition, die als „Arizona-Koalition“ bekannt ist, scheiterte eine Einigung aufgrund von Streitigkeiten über eine Gewinnsteuer auf Wertpapierverkäufe. König Philippe beauftragte De Wever am Montag erneut mit der Regierungsbildung und die Einigung muss noch formell von den Parteien angenommen werden. Der König soll die neue Regierung anschließend vereidigen.
Die Arizona-Koalition im Detail
Die Koalition wird aus fünf Parteien bestehen: der N-VA, der liberalen Partei MR, den Christdemokraten aus beiden Landesteilen sowie den flämischen Sozialdemokraten von Vooruit und den Les Engagés. Diese Parteien haben sich zum Ziel gesetzt, die Schuldenlast und die Neuverschuldung Belgiens abzubauen. Drastische sozioökonomische Reformen und Einschnitte im Sozialstaat werden erwartet, was gleichzeitig aber auch auf erheblichen Widerstand der Gewerkschaften und sozialer Institutionen stößt.
Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei einer Reformnotiz, die sich mit Rentenversicherung, Arbeitsmarkt und Steuern befasst. Die Fortschritte der letzten Wochen fließen in diese Notiz ein, welche am Wochenende von Unterhändlern der beteiligten Parteien geprüft wurde. Ein Streit zwischen Georges-Louis Bouchez, dem MR-Parteichef, und Vincent Van Peteghem, einem flämischen Christdemokraten, hat jedoch die Gespräche belastet.
Der Weg zur Regierungsbildung
Bart De Wever zeigt sich optimistisch. Trotz der Schwierigkeiten und innerparteilichen Strömungen innerhalb der Koalition ist die Arizona-Koalition die einzige realistische Möglichkeit für die Regierungsbildung. Flämische Liberale (Open VLD) sowie französischsprachige Sozialisten (PS) scheinen nicht in Frage zu kommen, was die Verhandlungen stark vereinfacht.
Die anstehenden Kommunalwahlen am 13. Oktober 2025 üben zusätzlichen Druck aus. Im Zusammenhang mit den Wahlen wurde auch eine Frist der Europäischen Kommission bis zum 20. September 2025 für Klarheit über eine Entlastung des Staatshaushalts in Höhe von mindestens 23 Milliarden Euro gesetzt. Diese dynamischen Rahmenbedingungen verweben sich mit den Unsicherheiten und Herausforderungen, vor denen die künftige Regierung steht.
Die kommende Regierungsbildung zeigt einmal mehr die Komplexität der belgischen Politik. Die Wahlpflicht, die in Belgien herrscht, sorgt für eine hohe Wahlbeteiligung und gleichzeitig dafür, dass Nichtwähler mit Strafen rechnen müssen, sofern sie keinen richterlich anerkannten Grund vorweisen können. Insgesamt waren mehr als acht Millionen Belgier zur Wahl aufgerufen.
Der politische Kurs, den die N-VA mit der neuen Koalition einschlagen will, wird sowohl in Belgien als auch international mit Spannung verfolgt. Ob die Reformen in der Vielzahl von sozialen und wirtschaftlichen Bereichen tatsächlich umgesetzt werden können, bleibt abzuwarten.
Für einen profunderen Einblick in die Feinheiten der aktuellen politischen Entwicklungen in Belgien können die Quellen von Zvw, Belgieninfo und VRT konsultiert werden.