
Am 12. Januar 2025 kam es in Riad zu einem bedeutsamen Treffen zwischen der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock und dem syrischen De-facto-Außenminister Hassan al-Schaibani. Bei der Syrien-Konferenz, an der auch andere internationale Akteure teilnehmen, begrüßten sich die beiden Diplomaten per Handschlag. Dieses Ereignis stellt eine signifikante Annäherung dar, insbesondere nachdem Baerbock bei ihrem Besuch in Damaskus am 3. Januar nicht den gleichen Empfang erfahren hatte. Damals wurde sie von Ahmed al-Scharaa, dem syrischen De-facto-Machthaber, nicht mit einem Handschlag begrüßt, während der französische Außenminister Jean-Noël Barrot diesen Empfang erhielt.
In vielen islamisch geprägten Gesellschaften wird die Begrüßung zwischen Männern und Frauen oft als unüblich betrachtet, und einige Rechtsgelehrte bezeichnen sie sogar als verboten. Dennoch zeigt Baerbock mit ihrem Handschlag, dass sie die bestehenden kulturellen Normen hinterfragt und ein Zeichen setzen möchte. Sie hatte sich bereits im Vorfeld ihres Besuchs in Damaskus darauf eingestellt, dass es dort keine üblichen Handschläge geben wird. „Wir haben den Gastgebern unsere Missbilligung dieser Praxis deutlich gemacht“, so Baerbock.
Kulturelle Kontexte und Frauenrechte
Das Treffen in Riad findet vor dem Hintergrund einer angespannter Menschenrechtslage statt. Die neu etablierte Übergangsregierung, die aus der Islamistengruppe HTS hervorgegangen ist, steht in der Kritik, da viele Beobachter die Einhaltung der Rechte von Frauen in Syrien genau verfolgen. Die Position der Frauen in der Gesellschaft ist ein zentraler Aspekt, der sowohl für die Politik als auch für die internationale Gemeinschaft von Bedeutung ist, gerade im Kontext einer möglichen feministischen Außenpolitik.
Auf der jüngsten VIDC-Podiumsdiskussion wurde die feministische Außenpolitik als Strategie thematisiert, um Machtungleichgewichte und Diskriminierung zu bekämpfen. Teilnehmer betonten, dass eine Erhöhung der Anzahl von Frauen in Machtpositionen allein nicht ausreicht, solange die grundlegenden Machtstrukturen bestehen bleiben. Feministische Außenpolitik könnte auch in Gesprächen über die Zukunft Syriens eine Rolle spielen, da es um einen integrativen Ansatz geht, der die Zivilgesellschaft und die Rechte aller Bürger stärkt.
EU-Sanktionen und Unterstützung für Syrien
Ein weiterer zentraler Punkt bei der Syrien-Konferenz war die Diskussion über mögliche Lockerungen der EU-Sanktionen gegen Syrien. Baerbock sprach sich für einen „smarten Ansatz“ aus, um die syrische Bevölkerung zu unterstützen, während gleichzeitig die Sanktionen gegen den Assad-Clan und dessen Unterstützer aufrechterhalten bleiben müssen. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas kündigte an, die Möglichkeit einer Lockerung der Sanktionen zu prüfen, sofern es erkennbare Fortschritte in einem politischen Übergang gibt.
Die EU hatte im Jahr 2011 Sanktionen gegen Syrien verhängt, als Antwort auf die gewaltsame Repression der Assad-Regierung gegen die Zivilbevölkerung. Diese Sanktionen umfassen ein Verbot von Investitionen in die syrische Ölindustrie, ein Einfuhrverbot für Rohöl sowie ein umfassendes Waffenembargo. Vor dem Hintergrund der aktuellen humanitären Lage ist die Debatte über diese Sanktionen kritischer denn je.
Die Entscheidungen, die in diesen diplomatischen Runden getroffen werden, könnten weitreichende Auswirkungen auf die Darstellung einer feministischen Außenpolitik haben und darauf, wie sich der Westen in Zukunft gegenüber repressive Regime positioniert. Die Notwendigkeit eines ehrlichen Dialogs und ein Umdenken in der Definition von Sicherheit, das menschliche Sicherheit in den Vordergrund gestellt, sind Aspekte, die sowohl Baerbock als auch andere Akteure in den Vordergrund rücken sollten.
Insgesamt zeigt sich, dass der Handschlag Baerbocks mit dem syrischen Außenminister nicht nur eine Geste des Respekts ist, sondern auch einen bedeutenden Schritt in Richtung einer veränderten politischen Landschaft im Nahen Osten darstellt. Es bleibt abzuwarten, ob diese Annäherung zu greifbaren Fortschritten in der Wahrung der Menschenrechte und der Rolle der Frauen in Syrien führen wird.
Für detaillierte Informationen über das Treffen und die politischen Rahmenbedingungen, siehe t-online.de, n-tv.de und vidc.org.