
Bittere Blockaden und Proteste der Opposition prägten den Bundesparteitag der AfD, der am 11. Januar 2025 in Riesa stattfand. Trotz dieser Störungen wurde Alice Weidel einstimmig zur Kanzlerkandidatin gewählt. Dies ist ein historischer Schritt, denn die AfD stellte damit zum ersten Mal in ihrer mittlerweile über ein Jahrzehnt langen Geschichte eine Frau ins Rennen um das Kanzleramt. Auf dem Parteitag wurde die Nominierung durch Akklamation entschieden, ohne eine offizielle Stimmenauszählung.
Tino Chrupalla, Co-Vorsitzender der Partei, bezeichnete Weidel in seiner Ansprache als „die zukünftige Kanzlerin“. Weidel nutzte ihre Zeit am Rednerpult, um eine klare Agenda für die ersten 100 Tage nach einer möglichen Regierungsübernahme skizzieren. Zu ihren zentralen Vorhaben gehören der Abbau aller Windräder, die Wiederinbetriebnahme funktionsfähiger Kernkraftwerke sowie längere Laufzeiten für Kohlekraftwerke. Zudem plant sie, wieder russisches Gas über die umstrittene Nordstream-Pipeline zu beziehen. Diese Pläne sind Bestandteil eines umfassenden Wahlprogrammentwurfs, der nationalistische Positionen beinhaltet, darunter der Austritt aus der EU und eine strikte Anti-Migrationspolitik.
Weidels Karriere und Parteigeschichte
Alice Weidel, die seit 2013 Mitglied der AfD ist, hat sich als ein prägendes Gesicht der Partei etabliert. Seit der Bundestagswahl 2017 bekleidet sie den Vorsitz der Bundestagsfraktion, wechselte dabei zunächst mit Alexander Gauland und anschließend mit Tino Chrupalla in einer Führungsrolle. Ihre Wahl zur Kanzlerkandidatin erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem die AfD in Umfragen etwa 20 Prozent der Stimmen hat und auf dem zweiten Platz hinter der Union liegt.
Die Nominierung Weidels war am 7. Dezember 2024 durch den AfD-Vorstand entschieden worden. Ihr Erfolg wird als Formsache betrachtet, da sie längst in den oberen Rängen der AfD etabliert ist, seit sie im Juni 2022 zur Parteichefin gewählt wurde. Zudem gibt es innerparteiliche Unterstützung: Tino Chrupalla hatte zuvor seinen Verzicht auf eine eigene Kanzlerkandidatur erklärt und Weidel seine Unterstützung zugesprochen. Diese Rollenverteilung sieht er selbst als „Mannschaft mit einer Stürmerin“ und sich selbst als „Libero“.
Die Entwicklung der AfD
Die AfD wurde 2013 gegründet, ursprünglich als eurokritische Partei inmitten der Finanzmarktkrise und der Krise der Europäischen Währungsunion. Die Gründung selbst ist auf zentrale Ereignisse wie den Maastrichter Vertrag und die politischen Ereignisse rund um das Jahr 2010 zurückzuführen. Zunächst liberal-konservativ orientiert, vollzog die Partei ab 2014 einen deutlichen Rechtsruck und entwickelte sich zunehmend zu einem rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteur in der deutschen Politik.
Weidel stellt in diesem Kontext eine Ausnahme dar, nicht nur aufgrund ihrer politischen Positionen, sondern auch, weil sie offen homosexuell ist und mit ihrer Partnerin zwei Söhne großzieht. Ihre öffentliche Präsenz und ihre Fähigkeit, in der eher männerdominierten Politik der AfD zu bestehen, machen sie zu einer wesentlichen Figur in der parteiinternen Dynamik.
Unter dem Eindruck aktueller Ereignisse, die von innerparteilichen Konflikten bis hin zu einer Radikalisierung der AfD reichen, stellen die Ankündigungen Weidels ein klares Bekenntnis zu einer umstrittenen politischen Agenda dar. Der Entscheidungsprozess um ihre Kandidatur zeugt von einem tiefgreifenden Wandel innerhalb der Partei und könnte weitreichende Auswirkungen auf die politische Landschaft Deutschlands haben.
Die Bundestagswahl, die am 23. Februar 2025 stattfinden wird, steht also im Zeichen der ambivalenten Stimmung, in der die AfD einerseits an Popularität in den Umfragen gewinnt, andererseits aber von anderen Parteien ein klares Nein zu möglichen Koalitionen erhält.