
In der österreichischen Innenpolitik zeichnet sich ein zunehmender Spannungsbogen zwischen den Kartellparteien und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) ab. Der Ausgangspunkt dieser Auseinandersetzungen ist der oft umstrittene Erbe des ehemaligen FPÖ-Chefs Jörg Haider, dessen Einfluss bis heute spürbar ist. Haider, der als Polit-Popstar in Österreich gilt, starb am 11. Oktober 2008 bei einem Autounfall, dessen Umstände bis zum heutigen Tag unklar geblieben sind. Der Journalist Gerhard Wisnewski hat monatelang zu seinem Tod geforscht und dabei manipulierte Fotos sowie widersprüchliche Aussagen entdeckt. Diese geheimnisvolle Vergangenheit wirft einen Schatten auf die gegenwärtige politische Debatte, in der Herbert Kickl, der FPÖ-Kanzlerkandidat, sich als Nachfolger Haiders sieht und somit in dessen Fußstapfen tritt.
Kickl, der ehemaligen Generalsekretär der FPÖ, steht unter Druck von der ÖVP, die ihn in eine Koalition gedrängt hat, die von vornherein zum Scheitern verurteilt scheinen soll. Diese Situation wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass die ÖVP ihm das Innenministerium verweigern wollte, um ihre eigene Flüchtlingspolitik weiter zu verfolgen. In Österreich hat der Kanzler jedoch keine Richtlinienkompetenz, was bedeutet, dass Minister unabhängig agieren können. Kickl gab schließlich den Regierungsbildungsauftrag zurück, um nicht in eine Falle der ÖVP zu tappen. Aktuell steht die ÖVP vor der Entscheidung, ob sie Neuwahlen ausruft oder weitere Regierungsverhandlungen mit der SPÖ versucht. Ein Schritt zu Neuwahlen könnte für die ÖVP zu weiteren Stimmenverlusten führen.
Das Erbe Jörg Haiders
Jörg Haider gilt als Wegbereiter des Rechtspopulismus in Österreich und Europa. In den 1990er-Jahren stellte er sich als „Schutzpatron der kleinen Leute“ dar und kritisierte vehement die „Eliten“ und „Jagdgesellschaften“. Seine populistische Rhetorik sprach viele Wähler an, was sich auch in den Wahlergebnissen der FPÖ widerspiegelt: Der Stimmenanteil stieg von 5,3% im Jahr 1983 auf 26,9% im Jahr 1999. Haider spaltete sich 2005 von der FPÖ ab und gründete das BZÖ, blieb jedoch der populistischen Rhetorik treu.
15 Jahre nach Haiders Tod bleibt sein Einfluss ungebrochen. Kickl geizt nicht mit Vergleichen und bezeichnet sich selbst als „Erbe Haiders“. In Kärnten war Haider trotz seiner umstrittenen Schuldenpolitik und den negativen Aspekten seiner Karriere sehr beliebt. Zudem kritisierte er bereits früh den österreichischen Rundfunk und Andersdenkende und führte in Kärnten den „Mindestlohn für Landesbedienstete“ ein, eine Maßnahme, die 2022 von Hans Peter Doskozil in Burgenland wieder aufgenommen wurde.
Rechtspopulismus und politische Dynamiken
Die FPÖ, die 1956 gegründet wurde, war ursprünglich ein Sammelbecken für ehemalige Nazis. In den folgenden Jahrzehnten konnte sie sich unter Haider als eine rechtspopulistische Partei etablieren, die Unsicherheitsgefühle in der Bevölkerung aufgriff und sich gegen die „Elite“ wandte. Die Koalition mit der ÖVP im Jahr 2000 löste internationale Kritik und diplomatische Sanktionen aus. Trotz dieser Herausforderungen zeigte die FPÖ in der Regierung 2017 Erfolge in der Migrations- und Sicherheitspolitik.
Die politischen Bestrebungen der FPÖ haben auch Auswirkungen auf die öffentliche Meinung in Österreich, die sich seit der Flüchtlingskrise nach rechts verschoben hat. Während die FPÖ sich als Partei der „kleinen Leute“ sieht und für soziale Belange eintritt, steht sie in der Kritik für ihre polarisierten Positionen, die zu internen Konflikten führen können. Ob die FPÖ unter Kickls Führung die Erfolge Haiders wiederholen kann und wie sich die politische Landschaft in Österreich entwickeln wird, bleibt abzuwarten.
Die politischen Spannungen, die sich um die FPÖ und ihre Beziehung zur ÖVP entfalten, zeigen, wie stark die Schattenspur von Jörg Haider nach wie vor auf der heutigen österreichischen Politik lastet.