
Am 20. Januar wird Donald Trump zum zweiten Mal Präsident der USA. Diese bevorstehende Rückkehr sorgt weltweit für kontroverse Diskussionen. Eine Studie des European Council on Foreign Relations und der Oxford-Universität untersucht die globalen Erwartungen an Trumps Wiederwahl. Das Bild, das dabei entsteht, ist von Spannungen und starken regionalen Unterschieden geprägt.
In aufstrebenden Mittelmächten wie China, Indien, Türkei und Brasilien sind die Erwartungen an Trump überwiegend positiv. In Indien glauben sogar 82% der Befragten, dass Trumps Rückkehr die Friedenssituation fördern wird. Rund 84% der indischen Befragten sehen Vorteile für ihr Land, während 85% annehmen, dass dies dem amerikanischen Volk zugutekommt.
Europäische Skepsis
Im Kontrast dazu stehen die Meinungen in der Europäischen Union. Nur weniger als 25% der europäischen Befragten glauben, dass Trumps Wiederwahl ihrem Land nützen wird. Zudem geben nur 29% an, er werde den Frieden fördern. Der Co-Autor der Studie, Ivan Krastev, betont die unterschiedliche Wahrnehmung Trumps zwischen Europa und anderen Regionen. Dies zeigt sich besonders deutlich in der Frage des Friedens in Krisengebieten. In der EU glauben nur 34% an Trumps friedensstiftende Kräfte in der Ukraine; in Südkorea sind es lediglich 31% für einen Waffenstillstand und 19% für Frieden im Nahen Osten. Im Gegensatz dazu vertrauen in Indien 65% und 62% auf Trumps Einfluss in diesen Regionen.
Die globale Verteilung an Meinungen zu Trump zeigt auch die Stellung der USA im internationalen System. Ein erheblicher Wandel steht bevor, da 71% der Saudis und 77% der Russen der Auffassung sind, dass China in 20 Jahren das mächtigste Land sein wird. Ø Multilateralismus könnte durch die zunehmende Überzeugung, dass die USA als Weltmacht absteigen, mehr denn je auf dem Prüfzelt stehen.
Die Zukunft des Multilateralismus
Die Unsicherheit über eine mögliche Rückkehr Trumps ins Weiße Haus wird in Europa als „Schicksalswahl“ für die Zukunft der internationalen Ordnung betrachtet. Unabhängig vom Wahlausgang wird ein Rückzug der USA vom Multilateralismus erwartet. Die Verwaltung unter Kamala Harris wird als Garant für eine regelbasierte internationale Ordnung angesehen. Dennoch fragen viele, ob die Skepsis gegenüber dem Multilateralismus nicht auch die Präsidentschaft des Demokraten Joe Biden betrifft. Biden hat zwar einige Abkommen wie das Pariser Abkommen zurückgeführt, jedoch ist sein Ansatz in vielen Bereichen nur punktuell.
Die Idee, dass der Rückzug der USA aus multilateralen Institutionen ein Phänomen der Trump-Ära gewesen sei, wird zunehmend hinterfragt. Historisch gesehen haben die USA bereits häufig ihre Unterstützung für internationale Organisationen verringert oder diese verlassen. Die gegenwärtigen geopolitischen Trends zeigen, dass die USA unter Druck stehen, ihren Einfluss neu zu definieren und sich den Herausforderungen einer sich verändernden globalen Ordnung zu stellen.
Europäische Regierungen und die EU sind aufgerufen, Führungsrollen in multilateralen Institutionen zu übernehmen. Um ihren guten Ruf zu bewahren, sollten sie sich proaktiv für die Fortführung der internationalen Zusammenarbeit einsetzen und ihre Fähigkeiten ausbauen. Der Multilateralismus wird nur dann überleben, wenn neue Ordnungsprinzipien im Kontext der internationalen Zusammenarbeit entwickelt werden, um der Komplexität und den Herausforderungen der gegenwärtigen geopolitischen Lage gerecht zu werden.