
Seit dem 1. Januar 2025 haben gleichgeschlechtliche Paare in Tschechien bedeutende rechtliche Fortschritte erzielt. Sie können nun ihre Partnerschaft offiziell eintragen lassen, das leibliche Kind des Partners adoptierten und einen gemeinsamen Nachnamen annehmen. Zudem wurde ein Anspruch auf Witwen- oder Witwerrente eingeführt. Laut tagesschau.de äußert Ivo Skopal, der seit 15 Jahren mit Martin Káňa in einer Beziehung lebt, dass es wichtig war, in einem anderen Land wie Österreich eine Ehe einzugehen, um wie ein heterosexuelles Paar behandelt zu werden.
Die Änderungen sind Teil einer breiten Debatte über die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare in Tschechien, wo Umfragen zeigen, dass 60-70% der Bevölkerung die Idee der „Ehe für alle“ unterstützen. Präsident Petr Pavel spricht sich klar für die Gleichstellung aus, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Milos Zeman, der eine andere Position vertrat. Trotz dieser Unterstützung wurde ein Gesetzesentwurf zur vollständigen Öffnung der Ehe vom tschechischen Parlament abgelehnt, und es wurde stattdessen ein Kompromiss beschlossen.
Neue Partnerschaftsrechte
Die Neuregelung bietet im Vergleich zur früheren registrierten Partnerschaft, die seit Juli 2006 in Tschechien besteht, zusätzliche Vorteile. Neben der Möglichkeit für gleichgeschlechtliche Paare, das leibliche Kind des Partners zu adoptieren, wird das gemeinsame Vermögen rechtlich anerkannt, was zuvor nicht in gleichem Maße möglich war. Petra Hanzelinova, die die Kinder ihrer Partnerin adoptieren möchte, konnte zuvor keine derartigen Rechte in Anspruch nehmen. Dennoch bleibt die Adoption von fremden Kindern den gleichgeschlechtlichen Paaren in Tschechien verwehrt.
Die Menschenrechtsbeauftragte Klára Laurenčíková Šimáčková kritisiert die bestehenden Unterschiede im Adoptionsrecht und die geschlechtliche Unterscheidung im Gesetz. Sie fordert eine vollständige Gleichstellung. LGBTIQA+ Organisationen setzen sich weiterhin vehement für eine Gleichberechtigung der Ehe ein, die auch die Adoption aus einem Heim ermöglichen könnte. Radio Praha betont, dass die neue Regelung nicht mit den Rechten in Westeuropa und Ländern wie Slowenien und Estland mithalten kann.
Internationale Perspektive
Im internationalen Vergleich ist Tschechien in Bezug auf Rechte für gleichgeschlechtliche Paare hinter vielen anderen europäischen Ländern zurückgefallen. Aktuell haben insgesamt 38 Länder weltweit die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet, darunter 22 Staaten in Europa. Diese reichen von den Niederlanden, die als Pioniere gelten, bis hin zu den neuesten Änderungen in Ländern wie Griechenland, das im Februar 2024 die Ehe für alle einführt. Im Gegensatz dazu bleibt Tschechien eines der Länder, in denen eine vollständige rechtliche Gleichstellung noch nicht erreicht ist, wie die LSVD aufführt.
Die Debatte über die Gleichstellung der Ehen in Tschechien ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Initiative „Jsme Fer“ und andere LGBTIQA+ Bewegungen arbeiten weiterhin an der vollumfänglichen Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, wobei der Weg zu diesen Rechten durch politische Widerstände und gesellschaftliche Vorurteile erschwert wird.