
Am Freitag, dem 13. Dezember, geschah ein Vorfall im Rewe-Markt in Bad Saulgau, der für die 29-jährige Nadine R. und ihren Freund eine beispiellose Wendung mit sich brachte. Sie hatten letzte Besorgungen vor einer Reise nach Malta geplant, als Nadine plötzlich von einem unbekannten Mann angegriffen wurde. Eine Videoaufzeichnung zeigt, wie der etwa 60-jährige Täter von hinten heranschleicht und sie ins Bein tritt. Dies führte dazu, dass Nadine vorwärts auf die Knie fiel und um Hilfe rief. Ihr Freund reagierte sofort und hielt den Angreifer fest, während ein Mitarbeiter des Supermarktes die Polizei informierte.
Die Polizei traf bald ein und brachte den Täter in einen Nebenraum. Vor Ort erstattete Nadine Anzeige, während der Angreifer einen Platzverweis erhielt; unklar blieb, ob er auch ein Hausverbot bekam. Obwohl Nadine im Krankenhaus untersucht wurde, wo Röntgenaufnahmen keine Brüche, jedoch eine Verstauchung am Handballen und einen Bluterguss am Knie zeigten, stellte die Staatsanwaltschaft am 2. Januar das Verfahren ein. Die Begründung lautete, dass der Rechtsfrieden nicht gestört war und es keine Anhaltspunkte für Rohheit oder erhebliche Verletzungen gab.
Psychische Folgen des Angriffs
Nadine, die über die negative psychologische Auswirkung des Übergriffs besorgt ist, überlegt, eine Privatklage einzureichen. Ihr Anwalt rät jedoch aufgrund der geringen Verletzungen und des niedrigen Streitwerts davon ab. Ein Zeichen setzen möchte sie dennoch und schrieb eine E-Mail an die Staatsanwältin, in der sie auf die psychologischen Folgen des Vorfalls hinweist. Der Vorfall hat ihre Lebensweise erheblich beeinflusst: Sie fühlt sich unsicher, trägt keine Kopfhörer mehr beim Laufen und hat einen Selbstverteidigungskurs begonnen.
In einer Welt, in der Gewalt gegen Frauen weit verbreitet ist, wird Nadines Situation durch die erschreckenden Statistiken über Gewalt an Frauen kontextualisiert. Laut einer Studie wurden im Jahr 2022 weltweit 89.000 Mädchen und Frauen ermordet – der höchste Wert in zwei Jahrzehnten. Die Ursachen für solche Gewalt sind vielfältig und reichen von psychischer bis physischer Gewalt. Häusliche Gewalt, die häufigste Form, lässt nicht nur körperliche, sondern auch psychische Verletzungen für die Betroffenen zurück. Frauen, die solche Erfahrungen gemacht haben, entwickeln häufiger psychische Krankheiten.
Gesellschaftliche Verantwortung und Prävention
Die Europäische Kommission hat sich bereits verpflichtet, das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen zu unterstützen. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, doch es bleibt viel zu tun. Um die Sicherheit von Frauen zu gewährleisten, müssen systematische Präventionsstrategien entwickelt werden, die unter anderem einen geschlechtssensiblen Ansatz in der Anamneseerhebung verlangen. Ein vertrauensvolles Umfeld sowie empathische Kommunikation sind unerlässlich.
Angesichts dieser Herausforderungen plant Nadine, in einigen Monaten mit ihrem Freund nach Portugal auszuwandern. Doch der Weg zu weiteren rechtlichen Schritten scheint ihr im Moment zu schwer. In ihren Gedanken bleibt der Vorfall allgegenwärtig, und sie meidet mittlerweile auch Einkäufe im Supermarkt, wo die Erinnerung an den Angriff noch frisch ist.