
Die Automobilindustrie steckt derzeit in einer tiefgreifenden Krise, die die strategischen Entscheidungen führender Unternehmen maßgeblich beeinflusst. Bei ZF Friedrichshafen, einem der größten Autozulieferer weltweit, steht die mögliche Abspaltung der Kernsparte „E-Division“ im Raum. Diese Sparte beschäftigt über 32.000 Mitarbeiter und umfasst sowohl elektrische als auch konventionelle Antriebstechnologien. Der Umsatz der E-Division beläuft sich auf beeindruckende 11,5 Milliarden Euro, doch ZF sieht sich gleichzeitig mit Herausforderungen konfrontiert, die durch den schleppenden Anlauf der E-Mobilität, hohe Kosten und verringerten Margen im traditionellen Getriebe-Geschäft bedingt sind. Die Überlegungen, strategische Kooperationen und Partnerschaften einzugehen, könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen. Mögliche Interessenten sind unter anderem Hyundai und Foxconn, die bereits Kontakt zu ZF aufgenommen haben.
Die Abspaltung hätte weitreichende Folgen, da sie etwa 20% der Beschäftigten und 25% des Konzernumsatzes betreffen könnte. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Standorten in Friedrichshafen und Schweinfurt, wo ZF rund 8.600 Mitarbeiter beschäftigt, von denen 5.700 in der E-Division tätig sind. Auch die IG Metall in Schweinfurt äußert Bedenken hinsichtlich der Folgen einer solchen Abspaltung. Thomas Höhn von der IG Metall betont, dass die E-Division tief in die Strukturen vor Ort eingebunden ist, was die Argumente der Gewerkschaft verstärkt, die vor massiven Arbeitsplatzverlusten warnt.
Finanzielle Herausforderungen und Reaktionen
Die finanzielle Situation des Unternehmens ist angespannt. ZF kämpft mit hohen Schulden, die im zweistelligen Milliardenbereich liegen, sowie jährlichen Kreditzinsen von über 500 Millionen Euro. Moody’s hat die Kreditwürdigkeit von ZF herabgestuft, was zusätzliche finanzielle Belastungen mit sich bringt. Vor diesem Hintergrund plant ZF Einsparungen von insgesamt sechs Milliarden Euro in den kommenden Jahren. Diese Maßnahmen könnten potenziell 11.000 bis 14.000 Stellen in Deutschland betreffen, was fast einem Viertel der heimischen Belegschaft entspricht.
Die Herausforderungen sind nicht nur eine unternehmerische Entscheidung, sondern spiegeln die tiefgreifende Transformation der Automobilbranche wider. Laut einer aktuellen Studie von Deloitte wird die Transformation zur Elektromobilität von vielen Unternehmen als unumgänglich betrachtet. Die Branche durchläuft mehrere Phasen, in denen sich der Fokus von Verbrennungstechnologien hin zur Elektromobilität verlagert. In diesem Kontext könnte die E-Division von ZF, welche sowohl Verbrenner- als auch E-Antriebskomponenten produziert, von strategischen Partnerschaften profitieren, um die dringend benötigten Ressourcen zu sichern und neue Geschäftsfelder zu erschließen.
Ruf nach besseren Rahmenbedingungen
Die Bürgermeister von Schweinfurt und umliegenden Städten fordern indes bessere Rahmenbedingungen für Investitionen und Bürokratieabbau. Sie betonen die Notwendigkeit, Industriearbeitsplätze aktiv zu sichern und die strategische Transformation voranzutreiben. Der Druck auf ZF, diese Herausforderungen zu meistern, bleibt hoch, während die Diskussion über die Zukunft der E-Division weitergeht. Bei der bevorstehenden Entscheidung wird nicht nur das Schicksal des Unternehmens auf dem Spiel stehen, sondern auch die der zahlreichen Mitarbeiter, deren Existenzgrundlage auf dem Spiel steht.