
Am 6. Februar 2025 wurde bekannt, dass Lina E. zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde aufgrund gewaltsamer Angriffe auf Personen mit rechtsextremem Hintergrund. Das Urteil wurde im Mai 2023 vom Oberlandesgericht Dresden gefällt, doch sowohl die Verurteilte als auch die Bundesanwaltschaft haben Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof (BGH) wird nun prüfen, ob die Strafe in Anbetracht der vorliegenden Indizien und Umstände angemessen ist. Unterstützer von Lina E. haben in Leipzig und über die Stadtgrenzen hinaus mit dem Slogan „Free Lina“ auf sich aufmerksam gemacht und sehen sie als Ikone der linksautonomen Szene sowie als Märtyrerin, die vom Staat hart bestraft wird wie eine Terrorverdächtige.
Die Bundesanwaltschaft wirft Lina E. vor, gemeinsam mit anderen eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben, die gezielt Rechtsextreme überfallen und körperlich angegriffen hat. Diese Vorwürfe basieren auf einem Indizienprozess, da klare Beweise für die Taten fehlen. Die Verteidigung von Lina E. argumentiert, dass es an eindeutigen Beweisen mangele, und kritisiert die einseitige Interpretation der Indizien durch die Bundesanwaltschaft. In diesem Kontext wurde auch auf die Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen hingewiesen, von denen einige selbst verurteilt wurden oder in der linksautonomen Szene in Ungnade gefallen sind. Ein Hauptbelastungszeuge, Leon R., wurde wegen seiner rädelsführerhaften Rolle in einer anderen kriminellen Vereinigung verurteilt.
Rassismus und rechtsextreme Gewalt in Deutschland
Der Fall von Lina E. steht exemplarisch für die aktuellen Herausforderungen im Umgang mit rechtsextremer Gewalt in Deutschland. Laut dem Bundeszentrale für politische Bildung wird der Rechtsextremismus sowie die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft als weit verbreitet wahrgenommen. Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um dem entgegenzuwirken, darunter das Verbot von Gruppierungen wie „Nordadler“ und „Combat 18“.
Die Anzahl der rechtsextrem motivierten Straftaten hat einen besorgniserregenden Höhepunkt erreicht, mit über 23.000 registrierten Fällen im Jahr 2020, darunter mehr als 1.000 Gewalttaten. Bundesinnenminister Horst Seehofer bezeichnete den Rechtsextremismus als die größte Bedrohung für die Sicherheit in Deutschland. Zudem sind laut dem Bundesamt für Verfassungsschutz rund 32.000 Personen als rechtsextrem eingestuft, von denen etwa 13.000 als gewaltbereit gelten.
Die Zunahme von Anfeindungen und Übergriffen auf politische Gegner, sowie die Taten von Tätern wie Tobias R., der 2020 in Hanau neun Menschen erschoss, verdeutlichen die drängende Problematik. R., der seine rechtsextremen Ansichten über das Internet verbreitete, ist ein Beispiel dafür, wie sich radikale Ansichten verbreiten und zu tödlichen Handlungen führen können. Ähnliche Motivlagen zeigen sich auch in anderen rechtsextremen Gewalttaten, die oft einen digitalen Ursprung haben.
Im Kontext des Verfahrens gegen Lina E. bleibt abzuwarten, wie der BGH entscheiden wird. Ein Urteil zu ihrer Revision könnte bereits heute verkündet werden und könnte weitreichende Implikationen für den Umgang mit linksextremer Gewalt und deren Bewertung in der Gesellschaft haben.