
In Nordrhein-Westfalen (NRW) stehen Schafhalter und insbesondere Weidetierhalter vor einem gravierenden Problem: der zunehmenden Präsenz von Wölfen. Ein jüngster Vorfall aus Dezember 2024 verdeutlicht diese Entwicklung. An einem Tag wurden in Solingen sieben Schafe gerissen und drei weitere Tiere verletzt. Der Wolf, der dafür verantwortlich ist, gehört zu einem Rudel aus Niedersachsen und trägt die wissenschaftliche Bezeichnung GW4178m. Dieser Wolf wurde am 18. Dezember 2024 auch in Belgien gesichtet, was auf die große Reichweite hinweist, die Wölfe erfahrungsgemäß haben, selbst in der kalten Jahreszeit.
Die Problematik betrifft nicht nur NRW, sondern ist auch im größeren Kontext der Wiederansiedlung von Wölfen in Deutschland zu sehen, die seit 1998 beobachten werden kann, nachdem die Tiere mehr als 150 Jahre lang ausgerottet waren. Aktuelle Monitoringzahlen zeigen, dass es im Jahr 2022/2023 in Deutschland 184 Wolfsrudel gibt. Die meisten befinden sich in den Bundesländern Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern.
Herdenschutz für Weidetiere
Um den Herausforderungen durch die Wölfe zu begegnen, bietet die Landwirtschaftskammer NRW Haltern von Schafen, Ziegen und anderen Weidetieren umfassende Unterstützung an. Diese reicht von kostenlosen Beratungen zu Herdenschutzmaßnahmen bis hin zu Fördermitteln für die Anschaffung von wolfssicheren Zäunen. Auch Halter von Kleinpferden sind seit dem 1. Januar 2022 berechtigt, Zuwendungen zu beantragen, wenn sie im Streifgebiet des Schermbecker Wolfsrudels arbeiten.
Besondere Aufmerksamkeit wird den Herdenschutzhunden gewidmet. Der Einsatz von Hunden, wie dem Pyrenäen-Berghund oder dem Maremmano-Abruzzese, hat sich als effektive Schutzmaßnahme etabliert. Die Fördermaßnahmen in NRW decken zudem mobile Zäune, Material für den Zaunbau und die Aufrüstung bestehender Zäune ab. Um diese Unterstützungen in Anspruch nehmen zu können, müssen die Tiere jedoch bei der Tierseuchenkasse NRW und HI-Tier gemeldet sein.
Verhalten bei Wolfssichtungen
Wolf-Experte Peter Höffken von Peta erläutert, dass Wölfe naturgemäß scheu sind und Menschen meiden. Bei einem zufälligen Zusammentreffen sollte stets ein sicherer Abstand eingehalten werden. Es wird empfohlen, auf befestigten Wegen zu bleiben und keine direkte Konfrontation zu suchen. Sollten Wölfe gesichtet werden, ist es ratsam, ruhig zu bleiben, Abstand zu halten und das Tier aus sicherer Distanz zu beobachten. Eine Möglichkeit, Wölfe zu vertreiben, ist, sich größer zu machen, laut zu rufen oder einen Regenschirm aufzuspannen.
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass Übergriffe durch Wölfe in NRW zunehmen, wobei 2022 insgesamt 1136 Vorfälle mit 4366 geschädigten Tieren, darunter 3778 Schafe, registriert wurden. Im Vergleich dazu waren es vor acht Jahren nur 125 Übergriffe mit 377 geschädigten Tieren. Diese alarmierenden Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit effektiver Herdenschutzmaßnahmen.
In den aktuellen Diskussionen fordert der Deutsche Bauernverband Regeln für einen Schadensausgleich bei Wolfsübergriffen. Weidetierhalter streben zudem nach einer jagdlichen Regulierung von Wölfen, insbesondere eine selektive Tötung von Problemwölfen, um die Risiken weiter zu minimieren. Ende 2023 wurde eine neue Regelung beschlossen, die das Schießen auffälliger Wölfe bis zu drei Wochen nach einem Übergriff ermöglicht, ohne vorher eine DNA-Analyse durchzuführen.
Der Umgang mit Wölfen und der Schutz von Weidetieren bleibt eine herausfordernde Aufgabe. Eine Kombination aus technischen, finanziellen und informativen Maßnahmen kann dabei helfen, diesen Konflikt etwas zu entschärfen. Weitere Informationen über Herdenschutz und Fördermittel können auf der Webseite der Landwirtschaftskammer NRW eingesehen werden. In dieser unerwarteten Verantwortung müssen sowohl Tierhalter als auch die Gesellschaft einen Weg finden, um den Rückkehr der Wölfe in Deutschland verantwortlich zu begegnen.