
Experten der Technischen Universität München und des TÜV haben eine umfassende Studie zur Umwandlung radioaktiver Abfälle aus Kernkraftwerken veröffentlicht. Diese Analyse, die von der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND in Auftrag gegeben wurde, könnte für die zukünftige Entsorgung von hochradioaktivem Atommüll von großer Bedeutung sein. Im Mittelpunkt steht der geplante Bau einer Transmutationsanlage in einem stillgelegten Atomkraftwerk, das derzeit als Zwischenlager fungiert. Mit diesem Vorhaben glauben die Entwickler, die Strahlungsintensität der Abfälle signifikant zu verringern und ihre Halbwertszeiten zu kürzen, sodass die Suche nach einem Endlager in Deutschland erleichtert werden könnte. Allerdings äußert das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) Skepsis gegenüber den Ansätzen der Studie und deutet auf Herausforderungen an der praktischen Umsetzung hin.
Ein Kernelement der Transmutation ist die Beschuss von Atomkernen alter Brennstäbe mit Neutronen, um weniger gefährliche radioaktive Elemente zu erzeugen. Dieser Prozess könnte dabei helfen, langlebige Radionuklide, die bis zu zehntausende Jahre gefährlich bleiben, auf eine Halbwertszeit von etwa 800 Jahren zu reduzieren. Es wird geschätzt, dass die Umwandlung nicht wieder verwertbarer Abfälle innerhalb von 50 Jahren erfolgen kann. Die vom BASE geäußerten Vorbehalte betreffen insbesondere die technologische Machbarkeit, da die erforderlichen Anlagen und Prozesse momentan noch nicht existieren.
Potenziale und Herausforderungen der Transmutation
Die Studie sieht die Integration eines Teilchenbeschleunigers, einer nuklearen Wiederaufarbeitungsanlage und eines neuartigen Kernreaktors vor. Diese Technologien befinden sich jedoch gegenwärtig noch auf dem Niveau von Laborstudien. Wissenschaftler weltweit beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit der Suche nach sicheren Entsorgungsmethoden für hochradioaktiven Abfall, wobei die industrielle Anwendung der Transmutation als theoretische Option für die Reduzierung des Abfallvolumens gilt. Trotz der vielversprechenden Ansätze gibt es derzeit keine industrielle Transmutationsanlage, sodass Experten schätzen, dass es Jahrzehnte dauern könnte, bis solche Technologien verfügbar sind.
Die Zusammensetzung hochradioaktiver Abfälle ist komplex, mit Uran, transuranischen Elementen und Spaltprodukten als Hauptbestandteilen. Während Uran etwa 94% des Abfalls ausmacht, fallen die restlichen 6% auf transuranische Elemente wie Neptunium und Plutonium sowie Spaltprodukte wie Cäsium und Strontium. Ein in der Studie genanntes mögliches Projekt könnte in eines der 16 bestehenden Zwischenlager für Atommüll in Deutschland integriert werden, um Transportkosten zu sparen. Die Bundesagentur für SPRIND schätzt die ersten Investitionskosten für die Demonstrationsanlage auf etwa 1,5 Milliarden Euro, mit jährlichen Betriebskosten von rund 115 Millionen Euro.
Zukunftsausblick und rechtliche Rahmenbedingungen
Die Transmutation könnte wertvolle Materialien wie Uran, Rhodium und Ruthenium zurückgewinnen. Zudem fallen Edelgase wie Xenon und Krypton an, die Anwendungen in der Medizin und Forschung finden könnten. Gleichzeitig wäre trotz der potenziellen Vorteile auch mit einer Erhöhung des Volumens von niedrig- und mittelradioaktivem Abfall zu rechnen. Ein Endlager für den nichttransmutierbaren Abfall wäre demnach weiterhin notwendig, da die technologischen Fortschritte bei der Transmutation allein nicht ausreichen werden, um die gesamte Abfallmenge sicher zu verwalten. Der rechtliche Rahmen in Deutschland steht diesen Entwicklungen derzeit entgegen, da nach den Reaktorunfällen von Tschernobyl und Fukushima ein breiter gesellschaftlicher Konsens gegen den Betrieb von Kernkraftwerken entstanden ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Perspektiven der Transmutation sowohl herausfordernd als auch vielversprechend sind. Während die Möglichkeit, gefährlichen Abfall in weniger riskante Substanzen umzuwandeln, auf neuartige Lösungsansätze hindeutet, bleibt die Realisierung angesichts der bestehenden rechtlichen und technologischen Barrieren eine offene Frage. Die Forschung und internationale Diskussionen zu Konzepten der Partitionierung und Transmutation laufen weiter. Die FAZ berichtet von den aktuellen Entwicklungen, während BASE die Machbarkeit dieser Technologien prüft und die entscheidenden Herausforderungen benennt.