
Sahra Wagenknecht, die prominente Politikerin und Kanzlerkandidatin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), hat in einem Exklusiv-Interview mit RUHR24 ihre Vorstellungen zur Reform des deutschen Rentensystems skizziert. Die Politikerin plant, ein System zu etablieren, das sich an dem erfolgreichen Modell Österreichs orientiert. In Österreich zahlen alle Arbeitnehmer, einschließlich Selbstständiger und Beamter, in die Rentenversicherung ein. Dies führt dort dazu, dass Durchschnittsverdiener nach 45 Versicherungsjahren rund 87 Prozent ihres letzten Netto-Gehalts als Rente erhalten.
Im Gegensatz dazu liegt dieser Wert in Deutschland 2023 nur bei etwa 55 Prozent. Wagenknecht weist darauf hin, dass eine Umorientierung des Systems in Deutschland notwendig ist, um eine höhere Rentenleistung zu ermöglichen. Sie fordert unter anderem eine Sofortmaßnahme in Form eines Inflationsausgleichs von 120 Euro für Rentner sowie eine Einführung einer gestaffelten Mindestrente von 1.500 Euro nach 40 Versicherungsjahren. In Österreich erhält ein durchschnittlicher Rentner pro Monat etwa 1.645 Euro, was rund 500 Euro über der deutschen Durchschnittsrente von 1.120 Euro liegt, wie Rentenupdate berichtet.
Die Herausforderungen des deutschen Rentensystems
Wagenknechts Pläne kommen vor dem Hintergrund alarmierender Zahlen über die Situation deutscher Rentner. Laut einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums sind fast jede zweite Rentnerin und jeder fünfte Rentner nach 45 Versicherungsjahren auf Renten von weniger als 1.300 Euro angewiesen. Dies betrifft etwa 800.000 Frauen und 704.000 Männer, wie Focus berichtet. Ab dem 1. Juli 2025 wird zudem eine Rentenerhöhung von 3,51 Prozent erwartet, die jedoch nicht ausreicht, um die steigenden Lebenshaltungskosten auszugleichen.
Eine Angleichung an das österreichische Modell würde enorme finanzielle Aufwendungen nach sich ziehen. Schätzungen zufolge würden jährlich zusätzliche 110 Milliarden Euro benötigt. Dies könnte durch eine breitere Einnahmenbasis und höhere Bundeszuschüsse realisiert werden, die auch Wagenknecht selbst fordert. Außerdem kritisiert sie die hohen Ausgaben für Rüstung und fordert stattdessen mehr Mittel für die Renten.
Umstrukturierung des Bürgergeldes
Ein weiterer zentraler Punkt in Wagenknechts Konzept betrifft das Bürgergeld. Die BSW plant, dieses abzuschaffen und zu dem früheren Modell von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe zurückzukehren. Dieses Modell würde laut Wagenknecht vor allem langjährig Eingezahlten eine bessere Sicherung ihres Lebensstandards bieten. Zudem wird eine Arbeitspflicht für Bürgergeld-Empfänger diskutiert, jedoch mit dem Fokus auf erweiterte Qualifikationsangebote.
Die zurzeit laufenden politischen Entwicklungen und die bevorstehenden Bundestagswahlen im Jahr 2025 könnten maßgeblichen Einfluss auf die Realisierung von Wagenknechts Konzept haben. Sie ist überzeugt, dass ihre Partei den Einzug in den Bundestag schaffen wird und zeigt sich optimistisch, dass viele Wähler sich noch nicht entschieden haben. Nach den Wahlen plant sie, die eigene Partei umzubenennen, um den Personenkult zu reduzieren.