
Am Mittwoch, dem 29. Januar 2025, findet an der Universität Osnabrück ein bedeutender öffentlicher Abendvortrag statt. Dr. Ringo Müller von der Universität Erfurt wird um 18.15 Uhr im Schlosshauptgebäude, Raum 11/213, sprechen. Sein Thema lautet „Verflochtene Ungleichheiten – Bildung und Religion in der deutschen sozialistischen Gesellschaft der 1970er Jahre“. Der Vortrag verspricht eine tiefgehende Analyse des nationalen Bildungsgesetzes der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), das gleiche Rechte für alle Bürger garantierte, unabhängig von Geschlecht, sozialer Stellung und anderen Faktoren.
Ein zentraler Aspekt des Vortrags wird der Widerspruch sein, dass Religion und Kirchen — als Elemente einer Klassengesellschaft — überwunden werden sollten, während gleichzeitig die Bildungsstrukturen für alle zugänglich waren. Müller wird ungerechte Verhältnisse zwischen Kindern, Jugendlichen, Schülern und Studenten beleuchten sowie Konflikte zwischen Eltern, Lehrern und Kirche thematisieren. Ziel ist es, neue Perspektiven auf die sozialistische Bildungsgeschichte zu eröffnen und deren Relevanz für Christen wie Nichtchristen aufzuzeigen. Interessierte dürfen sich auf einen informativen Abend freuen.
Theologische und kirchengeschichtliche Perspektiven
Die Veranstaltung ist Teil der neuen Juniorprofessur für Kirchen- und Christentumsgeschichte, die 2023 am Institut für Katholische Theologie der Universität Osnabrück eingerichtet wurde. Diese Professur behandelt Themen aus der gesamten Kirchengeschichte und leistet einen bedeutenden Beitrag zur Forschung auf diesem Gebiet. Dabei betont Professor Dr. Martin Belz die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit Religion, was in einem Online-Interview deutlich wurde.
Um die Verknüpfung von Religion, Bildung und der deutschen Geschichte zu vertiefen, wird eine Summer School mit dem Titel „Christentum im geteilten und vereinten Deutschland 1949–1999“ im Kloster Huysburg angeboten. Diese findet vom 28. Mai bis 1. Juni 2025 statt und umfasst auch eine Informationsveranstaltung am selben Tag, dem 29. Januar 2025, also im Rahmen der Vortragsreihe.
Bildung und Erinnerung – Ein gesellschaftliches Erbe
Vor dem Hintergrund der aktuellen bildungspolitischen Debatten ist es unerlässlich, dass Schüler*innen ein umfassendes Verständnis für die kirchengeschichtlichen Entwicklungen im Sozialismus entwickeln. In den 2010er-Jahren geborene Schüler*innen haben häufig nur unzureichende Kenntnisse über die Kirchen im Sozialismus und die Widerstände gegenüber dem SED-Regime. Diese Thematik spielt eine marginale Rolle in vielen Familien, sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland, was die Auffrischung dieser Erinnerungen umso wichtiger macht.
Religionsunterricht könnte entscheidend dazu beitragen, die Relevanz der kirchlichen Zeitgeschichte im Sozialismus zu vermitteln. Es gilt, den Schüler*innen historische Empathie zu ermöglichen, damit sie verstehen, wie Glaubensgemeinschaften in der DDR agierten. Friedensgebete, die ab 1982 in der Leipziger Nikolaikirche stattfanden, werden hierbei als ein Beispiel für den Dialog über das Christsein in der Gesellschaft behandelt.
Im Kontext der Friedlichen Revolution in der DDR hat das Engagement von Christ*innen erheblich zum friedlichen Ende des DDR-Staats beigetragen. Zusätzlich wird der Konflikt zwischen Konfirmation und Jugendweihe, der von 1954/1955 an die Beziehungen junger Menschen zur Kirche veränderte, in den Fokus genommen.
Für weitere Informationen zu Dr. Müllers Vortrag und zur Juniorprofessur steht Prof. Dr. Martin Belz zur Verfügung: martin.belz@uni-osnabrueck.de. Interessierte Leser finden ausführliche Informationen zu den bevorstehenden Veranstaltungen und den Themenbereichen der Forschungsprojekte auch auf den Seiten der Universität Osnabrück, der Katholischen Theologie und den Materialien zur Friedensbewegung.