
In den letzten Tagen sorgte ein mehrstündiger Ausfall von TikTok für Besorgnis unter den Nutzern in den USA. Am vergangenen Wochenende war die beliebte Plattform für über 100 Millionen US-Nutzer für einen halben Tag nicht zugänglich. Der Zwischenfall offenbarte die tiefe Abhängigkeit vieler junger Menschen von Social Media, wie Focus berichtet. Zahlreiche Nutzer berichteten von echten körperlichen Entzugserscheinungen und beschrieben das Gefühl, „einsam“ und „abgeschnitten“ von der Welt zu sein, wenn sie keinen Zugang zur App hatten.
Die Dominanz von TikTok hat bei vielen Nutzern eine „Trauerphase“ ausgelöst, die mit dem Gefühl einhergeht, wichtige Informationen und soziale Interaktionen zu verlieren. Diese emotionale Auseinandersetzung zeigt die Auswirkungen des übermäßigen Konsums von Inhalten, die sich häufig um Reisetrends, Tiervideos und virale Challenges drehen. Für viele ist die App nicht nur ein Zeitvertreib, sondern ein essentielles Element ihres Alltags geworden.
Die Dilemmas der Smartphone-Nutzung
Darüber hinaus ist der exzessive Gebrauch von Social Media besonders alarmierend bei Jugendlichen. In der Schweiz beispielsweise nutzt der 14-jährige Tim bis zu 16 Stunden täglich Social Media. Seine Mutter macht sich große Sorgen über die Veränderungen in seinem Verhalten und die Auswirkungen dieser intensiven Nutzung auf sein Leben. Martin Meyer, ein Psychiater für Verhaltenssüchte, hat drei Warnzeichen identifiziert, die auf ein süchtiges Verhalten hindeuten: Kontrollverlust, Schäden an sozialen Beziehungen und Priorisierung von Social Media über wichtige Aktivitäten, wie SRF erläutert.
Schätzungen zufolge leiden in der Schweiz etwa 30.000 Kinder und Jugendliche unter einer suchtartigen Nutzung von Bildschirmen, während insgesamt rund 300.000 Jugendliche von problematischer Social-Media-Nutzung betroffen sind. Studien zeigen, dass diese Abhängigkeit zu zunehmendem Schlafmangel, kürzerer Aufmerksamkeitsspanne und weniger Zeit mit Freunden führt. Schulleiter berichten, dass Schüler Schwierigkeiten haben, sich auf längere Texte zu konzentrieren, was die schädlichen Auswirkungen der übermäßigen Nutzung unterstreicht.
Die Rolle von Algorithmen und der Gesellschaft
Die Algorithmen von Plattformen wie TikTok und Instagram sind so gestaltet, dass sie endlose Videoempfehlungen bieten, was die Nutzer dazu verleitet, noch mehr Zeit online zu verbringen. Darüber hinaus spielt Dopamin, das für Glücks- und Lustgefühle verantwortlich ist, eine entscheidende Rolle bei der Suchtentwicklung. Viele Teenager sind sich der schädlichen Auswirkungen ihrer Nutzung bewusst, jedoch kämpfen sie oftmals mit den Entzugserscheinungen, die eine reduzierte Bildschirmzeit mit sich bringt.
Laut einem gemeinsamen Bericht der DAK-Gesundheit und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf sind bis zu 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland in ihrer Entwicklung negativ vom übermäßigen Social-Media-Konsum betroffen. Diese Zahl ist dreimal so hoch wie im Jahr 2019 vor der Pandemie. Entgegen der allgemeinen Abnahme des Konsums im Vergleich zu 2022 beträgt die durchschnittliche Nutzungszeit unter Schultagen immer noch 150 Minuten pro Tag und steigert sich auf rund 224 Minuten an Wochenenden. Dabei vermeiden viele Jugendliche die Auseinandersetzung mit problematischen Inhalten, die sie auf Plattformen wie TikTok vorfinden, wie MDR berichtet.
Schließlich wird in Studien deutlich, dass etwa 30 Prozent der TikTok-Challenges potenziell schädlich sind, und ein Prozent könnte sogar lebensgefährlich sein. Die Forscher warnen vor der geringen Regulierung gesundheitsschädlicher Inhalte durch die Plattform, was zu einer raschen Verbreitung solcher Inhalte führen kann. Es ist klar, dass die Gefahren des übermäßigen Social-Media-Konsums sowohl individuell als auch gesellschaftlich ernst genommen werden müssen.