
Die Architektur der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) prägte das Stadtbild und das Leben der Menschen nachhaltig. Hermann Henselmann, einer der bedeutendsten Architekten in diesem Kontext, steht im Mittelpunkt der neuen Lesung und des anschließenden Gesprächs, das am 26. März 2025 in Weimar stattfinden wird. Der Bauhaus-Universität Weimar veranstaltet die Diskussion im Rahmen der „Weimarer Lesarten“ und lädt dazu ein, aus dem Roman „Die Allee“ von Florentine Anders, der Enkelin Henselmanns, zu hören.
Die Lesung findet in der Universitätsbibliothek in der Steubenstraße 6/8 in Weimar statt. Zu Gast sind Prof. Dr. Daniela Spiegel und Dr. Bianka Trötschel-Daniels, die sich mit Themen wie den Bauhaus-Ideen und der Architektur der DDR auseinandersetzen werden. Florentine Anders wird dabei das Leben ihres Großvaters beleuchten, das eng mit der politischen Geschichte und dem Bauwesen der DDR verknüpft ist.
Bauhaus und DDR-Architektur
Die Arbeit von Hermann Henselmann symbolisiert die wechselvolle Geschichte der Architektur in der DDR. Henselmann war nicht nur Mitbegründer der Ostmoderne, sondern auch Chefarchitekt, der markante Bauwerke wie die Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) und den Berliner Fernsehturm entworfen hat. Seine Visionen wurden jedoch häufig durch die politischen Vorgaben der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) eingeschränkt, was die Anpassung seiner Entwürfe notwendig machte. Sein berühmter Satz, dass er „bessere Scheiße als alle anderen“ bauen wolle, verdeutlicht den inneren Konflikt zwischen künstlerischem Anspruch und politischem Druck.
Besonders die Architektur der 1950er Jahre, die stark vom sozialistischen Klassizismus geprägt war, spiegelt die politischen Einflüsse wider. Die Stadtplanung folgte dem Leitbild einer sozialistischen Stadt mit breiten Magistralen und zentralen Plätzen. Henselmanns Entwürfe waren auch von diesen Einflüssen betroffen, und er hatte zeitweise mit der „Typisierung“ zu kämpfen, die auf schnelles und kostensparendes Bauen abzielte, ohne dabei den menschlichen Komfort aus den Augen zu verlieren.
Das Familienleben des Architekten
Florentine Anders erzählt in ihrem Roman „Die Allee“ nicht nur die Geschichte ihres Großvaters, sondern auch die ihrer Familie. Henselmann war zwar ein charismatischer Architekt, doch das Familienleben war von Konflikten geprägt. Seine Frau, Isi Henselmann, war ebenfalls Architektin, doch ihre Karriere blieb häufig hinter den familiären Verpflichtungen zurück. Ihre Tochter Isa suchte gar einen eigenen Weg, jenseits der Erwartungen des Vaters.
Der Roman spannt einen Bogen von Henselmanns Leben von 1931 bis zu seinem Tod im Jahr 1995. Er behandelt die Herausforderungen der Familie in einem Regime, das ständige Anpassungen erforderte. Die familiäre Situation wird im Roman durch die Einbindung von Figuren wie dem Regimekritiker Robert Havemann bereichert, der zusätzliche Perspektiven auf das Leben in der DDR eröffnet. Leser haben die Möglichkeit, tiefere Einblicke in die DDR-Geschichte zu gewinnen, da Anders sowohl historisch relevante Ereignisse als auch persönliche Erlebnisse verknüpft.
Die Veranstaltung in Weimar ist auch eine Gelegenheit zur Reflexion über den Einfluss, den die Bauhaus-Ideen auf die Architektur in der DDR hatten. Florentine Anders‘ Beitrag ist nicht nur eine literarische Auseinandersetzung mit ihrem Erbe, sondern auch mit dem Erbe der Architektur selbst, das viele Städte in den neuen Bundesländern prägt.
Der Eintritt zur Lesung ist im „Pay-what-you-can“ Format, und es wird nur eine Abendkasse geben. Weitere Informationen können auf der Website der Universität Weimar abgerufen werden.