
Im Henfling-Gymnasium in Meiningen wird seit diesem Schuljahr ein innovatives Unterrichtskonzept getestet, das die Lernmethoden grundlegend verändert. Lehrerin Lisa Weltzien beginnt eine Unterrichtsstunde mit der praktischen Frage, ob alle Schüler ihre Hausschuhe angezogen haben. Diese scheinbar alltägliche Frage ist ein erster Schritt in die neue Welt des offenen Unterrichts. Schüler erhalten Tablets mit verschiedenen Lernmodulen und zusätzlich einen Zettel, auf dem Aufgaben vermerkt sind.
In diesem neuen Format haben die Schüler die Freiheit, ihren Lernplatz selbst zu wählen. In den Unterrichtsräumen, die mit Sofas und Sitzecken ausgestattet sind, wird eine gemütliche Atmosphäre geschaffen. Es gibt spezielle Räume für Gruppenarbeiten, in denen Gespräche erlaubt sind, sowie kleinere Räumlichkeiten für ruhiges Arbeiten oder Flüstern. Schüler finden so schnell den passenden Platz für ihre jeweiligen Aufgaben.
Elemente des offenen Unterrichts
Der elfjährige Vince hat die Möglichkeit, einen Vortest zeitlich selbst zu bestimmen. Dieses offene Konzept wird momentan in den Fächern Deutsch, Mathe und Englisch ausprobiert. Inspiriert von einem ähnlichen Modell einer österreichischen Schule, hat das Henfling-Gymnasium durchweg positive Rückmeldungen von seinen Schülern erhalten. Diese schätzen besonders das individuelle Lerntempo, das sie wählen können. Lisa Weltzien sieht in dieser Methode zahlreiche Vorteile, vor allem in der Selbstständigkeit und Verantwortung, die den Schülern übertragen wird.
Die Schüler versuchen, sich selbst realistische Lernziele zu setzen, was mitunter herausfordernd ist. Allerdings funktioniert nicht jede Methode für alle Schüler gleich gut. Einige lassen sich ablenken und schaffen weniger Aufgaben. Trotz dieser Herausforderungen glaubt Weltzien, dass die effektive Lernzeit im offenen Unterricht höher ist als im traditionellen Frontalunterricht.
Begleitforschung und Evaluation
Die Lehrerin hat zudem die Möglichkeit, die Nutzung der Tablets zu überwachen und gegebenenfalls einzugreifen. Das gesamte Projekt wird von der Universität in Jena begleitet, wobei eine Evaluation für Ende des Jahres geplant ist. Weltzien ist optimistisch, dass das Projekt als Erfolg gewertet werden kann, auch wenn die Implementierung des offenen Unterrichts gewisse Herausforderungen mit sich bringt.
Der offene Unterricht weicht erheblich vom traditionellen Frontalunterricht ab, da die Inhalte, Methoden und die Organisation weitgehend offen gestaltet sind. Merkmale des offenen Unterrichts umfassen Selbstbestimmung und Mitbestimmung der Schüler, bei denen Lehrer eher als Berater fungieren und das entdeckende Lernen gefördert wird. Falko Peschel beschreibt verschiedene Dimensionen des offenen Unterrichts, darunter Organisation, Methodik, Inhalt, soziale Aspekte und persönliche Entwicklung. Ziel ist es, individuelles und selbstständiges Lernen zu fördern und soziale Kompetenzen auszubauen.
Allerdings gibt es auch Kritikpunkte, die nicht ignoriert werden dürfen. Während die Flexibilität des offenen Unterrichts viele Vorteile bringt, kann die unklare Definition der Konzepte auch zuÜberforderung führen, vor allem bei Schülern mit besonderen Bedürfnissen. Auch die Notenvergabe kann in solch einem Lernumfeld eine Herausforderung darstellen.
Durch den gezielten Einsatz offener Unterrichtsmethoden in Kombination mit verschiedenen anderen Konzepten wird eine umfassende Veränderung der Lernkultur angestrebt. Weitere Informationen und Details zu dieser Form des Lernens finden Interessierte in den umfassenden Materialien zu diesem Thema, unter anderem auf GoStudent und dem Methodenpool der Universität Köln.