
Am Gumpendonnerstag, einem zentralen Termin in der schwäbisch-alemannischen Fastnacht, wurde Christoph Hald, ein Braumeister aus Dunstelkingen, vor dem so genannten Hexengericht in Neresheim angeklagt. Das Hexengericht tagte auf dem Marienplatz, wo Hald mit einer Reihe von Vorwürfen konfrontiert wurde. Ihm wurde vorgeworfen, die Logistikhalle seiner Brauerei zu einer Eventlocation umgewandelt zu haben und im Rocker-Milieu Veranstaltungen zu planen, um den Bierkonsum anzukurbeln. Besonders umstritten war seine Teilnahme an einem Handwerkertag in der Härtsfeldschule, bei dem er Jugendliche durch Bierverkostungen zum Konsum verführt haben soll. Für die Hexen, die die Vorwürfe erhoben, war sein Verhalten unverständlich und nicht tragbar.
Unter den weiteren Vorwürfen, die gegen Hald erhoben wurden, stand auch die Vernachlässigung einer wichtigen Tradition: Er beliefert einen Handelspartner in Thüringen mit seinem Härtsfelder Bier, ließ jedoch das San-Michele-Fest in der italienischen Partnerstadt Bagnacavallo unbeachtet. Die Kritik an Hald erreichte ihren Höhepunkt, als ihm vorgeworfen wurde, vor 20 Jahren die „Gois“ als Innovation eingeführt zu haben und nun ein Weinmischgetränk in sein Sortiment aufzunehmen. Zudem wurde bei den Heimattagen auf dem Härtsfeld ausschließlich Bier aus Dunstelkingen ausgeschenkt, was den Unmut der Hexen weiter anheizte.
Urteil und Konsequenzen
Während seiner Verteidigung zeigte Hald keine Reue, was die Hexen zusätzlich provozierte. Das Urteil des Hexengerichts war daher sowohl traditionell als auch humorvoll: Hald muss am Faschingsdienstag beim Umzug im Hexenwagen mitfahren, ein spezielles Bennenbergweiblebier brauen und den Hexen Freibier für ihren Jahresausflug liefern.
Die Strafen und die Atmosphäre des Hexengerichts bilden einen Teil der weit verzweigten Bräuche und Traditionspflege während der Fasnacht, die sich in der Region großer Beliebtheit erfreut. Im Ostalbkreis, wo Neresheim liegt, steht die fünfte Jahreszeit vor der Tür und verschiedene Veranstaltungen prägen die kommenden Wochen. Die Fasnacht hat ihren Ursprung in mittelalterlichen Bräuchen und wird oft mit der christlichen Fastenzeit in Verbindung gebracht. Viele Termine sind bereits in der Region bekannt, von Narrenmessen bis hin zu prunkvollen Bällen.
Die Vielfalt der Fasnacht
Die Liste der anstehenden Faschingstermine in der Region ist lang und vielfältig. In Aalen zum Beispiel findet die Narrenmesse am 28. Januar statt, gefolgt von verschiedenen Prunksitzungen und Umzügen, die bis in den Februar hinein reichen. Besonders der Umzug der Narrenzunft Bärenfanger wird als Highlight angesehen, während Kinder- und Familienfeste überall organisiert werden.
Ort | Termine |
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Aalen |
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Neresheim |
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Fastnacht ist an sich ein kulturelles Phänomen, das durch politische Satire und soziale Kritik eine wichtige Rolle in der Gemeinschaft spielt. Ursprünglich diente diese Zeit dazu, verderbliche Lebensmittel vor der Fastenzeit zu verbrauchen, was den Namen „Fasching“ ableitet, der mit dem letzten Alkohol vor der Fastenzeit in Verbindung steht. Historisch gesehen wurde die Fastnacht als Ventil von der katholischen Kirche oft widerwillig akzeptiert, da sie den Menschen die Möglichkeit bot, sich ausdrücken zu können, auch in Krisenzeiten.
Die gegenwärtige Form der Fastnacht hat sich jedoch gewandelt. Der rheinische Karneval und die schwäbisch-alemannische Fastnacht sind mittlerweile 2014 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt worden. Trotz der modernen Ausprägungen bleibt der soziale Zusammenhalt und ein Gemeinschaftsgefühl im Zentrum dieser Feierlichkeiten. Dabei steht das Rollenspiel und die Freude am Feiern im Vordergrund, oft abgerundet durch eine Glasserie von regionalen Spezialitäten, die untrennbar mit der Fastnacht verbunden sind.
In diesem Jahr wird das Hexengericht in Neresheim somit nicht nur als Gericht, sondern auch als Teil der lebendigen Fasnachtstradition wahrgenommen, die tief in der Kultur der Region verwurzelt ist.