
Die Diskussion um das Düngegesetz in Deutschland spitzt sich zu. Thüringens Landwirtschaftsministerin Colette Boos-John fordert umfassende Änderungen, um den bürokratischen Aufwand für Landwirte zu reduzieren. Die Stoffstrombilanz, als eines der größten bürokratischen Probleme erachtet, könnte dabei eine zentrale Rolle spielen. Währenddessen fanden im vergangenen Jahr zahlreiche Bauernproteste statt, die sich hauptsächlich gegen übermäßige Bürokratie und die hohen Agrardieselkosten richteten. Boos-John ist der Ansicht, dass die derzeitige Erfassung von Stickstoff- und Phosphatmengen vereinfacht werden muss, um die Landwirtschaft zu entlasten.
Die Ministerin kritisiert die Umsetzung der Stoffstrombilanz, die mit umfangreichen Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten verbunden ist. Sie betont darüber hinaus, dass aus den erhobenen Daten keine ausreichenden Rückschlüsse auf die Nitratbelastungen in Gewässern gezogen werden können. Im Zuge dessen fordern die Agrarminister der unionsgeführten Bundesländer einen Abbruch der Verhandlungen mit der Bundesregierung, da zugesagte Streichungen der Stoffstrombilanz noch nicht umgesetzt wurden.
Geplante wiederholte Verhandlungen
Nach dem Abbruch der Gespräche hat Thüringens Agrarministerin angekündigt, dass bis zur nächsten Agrarministerkonferenz Ende März in Baden-Baden ein neuer Vorschlag zur Novellierung des Düngegesetzes erarbeitet werden soll. Boos-John pocht auf eine effiziente Überwachung, die das Verursacherprinzip in den Mittelpunkt stellt. Währenddessen wird von der CDU-Landtagsfraktion in Thüringen eine Wiederherstellung der Agrardieselrückvergütung gefordert. Laut Fraktionschef Andreas Bühl könnten Betriebe durch diese Maßnahme um rund 5.000 Euro entlastet werden.
Die bundesweit angespannte Situation wird auch durch einen bevorstehenden Beschluss im Bundesrat beeinflusst. Am 5. Juli könnte das Düngegesetz mehrheitlich abgelehnt werden. Bei einer Abstimmung im Agrarausschuss am 17. Juni stimmten elf Bundesländer gegen das Gesetz, nur fünf dafür. Besonders die Mehrheit der Bundesländer, darunter Bayern, lehnt die Stoffstrombilanz ab. Sie argumentieren, dass diese überflüssig sei und nicht durch EU-Recht vorgeschrieben wird, während der Bund darauf besteht, um Strafzahlungen der EU wegen der Nichteinhaltung der EU-Nitratrichtlinie zu vermeiden.
Hintergrund des Düngegesetzes
Die Novelle des Düngegesetzes, die bereits am 7. Juni 2024 durch den Deutschen Bundestag verabschiedet wurde, wurde unter der Federführung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir erarbeitet. Eine zentrale Zielsetzung dieser Änderungen ist die Schaffung von Planungssicherheit für die Landwirte und die Verbesserung des Umweltschutzes. Dies wird vor dem Hintergrund hoher Strafzahlungen durch zu hohe Nitratbelastungen und den damit einhergehenden Herausforderungen für Wasserwerke deutlich. Diese Problematik betrifft vor allem Regionen mit intensiver Tierhaltung und Gemüseanbau.
Die EU-Kommission fordert bereits seit 2013 Anpassungen an den Düngeregeln in Deutschland. Ein Vertragsverletzungsverfahren konnte 2023 zwar abgewendet werden, jedoch bleibt der Druck auf Deutschland durch die EU bestehen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) plant Maßnahmen zur besseren Nachvollziehbarkeit von Nährstoffen und Düngepraktiken, um eine differenzierte Behandlung von Betrieben in belasteten Gebieten zu gewährleisten. Dabei soll das Verursacherprinzip stärkere Anwendung finden: Überdüngung könnte künftig härter bestraft werden, während umweltfreundliche Praktiken entlastet würden.
Die politische Landschaft rund um das Düngegesetz bleibt somit angespannt und erfordert die kommenden Monate eine intensive Auseinandersetzung sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.