
Die Arktis steht aufgrund des Klimawandels vor tiefgreifenden Veränderungen, die nicht nur das Meereis, sondern auch die marinen Ökosysteme betreffen. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Bristol hat kürzlich herausgefunden, dass die Transpolardrift, eine bedeutende Meeresströmung im Arktischen Ozean, entscheidende Transportwege für Nährstoffe und Schadstoffe aus sibirischen Flüssen in die Arktis beeinflusst. Die Forschungsergebnisse, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, basieren auf der MOSAiC-Expedition, der größten Arktis-Expedition, bei der das Forschungsschiff POLARSTERN ein ganzes Jahr im Meereis driftete.
Die neuen Erkenntnisse zeigen, dass die Transpolardrift weitaus variabler ist als bisher angenommen. Die Studie dokumentiert, wie steigende Temperaturen die Verbreitung von Schadstoffen beeinflussen. „Im Arktischen Ozean ist der Stofftransport ein variables System, in dem Flusswasser unterschiedlichen, jahreszeitlich variierenden Wegen folgt“, erklärt das Team. Dabei gelangen sowohl natürliche Stoffe wie Nährstoffe als auch anthropogene Schadstoffe, wie Mikroplastik und Schwermetalle, aus sibirischen Flüssen in den zentralen Arktischen Ozean und weiter in den Nordatlantik, wo sie erhebliche ökologische Konsequenzen haben können.
Meereis als aktiver Akteur
Meereis spielt eine aktive Rolle bei der Umverteilung dieser Stoffe, indem es Material aus mehreren Flüssen aufnimmt. Durch die Analyse von Isotopen in Proben von Meerwasser, Meereis und Schnee konnten die Wissenschaftler die Herkunft der transportierten Stoffe zurückverfolgen. Diese Forschung bietet nicht nur eine einzigartige ganzjährige Beobachtung, sondern erweitert auch das Verständnis darüber, wie der Arktische Ozean auf Veränderungen reagiert und welche Mechanismen für den Stofftransport verantwortlich sind.
Der Kontext dieser Forschung wird durch die aktuellen klimatischen Bedingungen in der Arktis verstärkt. So wurde festgestellt, dass der Winter 2025 extrem warm war, mit Temperaturen nördlich von Grönland etwa 10 Grad über dem langjährigen Mittel. Dies führte zu einer stark reduzierten Eisbildung. Die Satellitendaten zeigen, dass die Eisfläche am 13. April 2025 mit 12,6 Millionen Quadratkilometern die kleinste seit Beginn der Messungen vor fast 50 Jahren war, was 5,4 Prozent kleiner ist als der Durchschnitt von 1981 bis 2010.NDR berichtet, dass aufgrund warmer, südlicher Winde die Eisbildung zusätzlich verlangsamt wurde.
Zukunftsperspektiven der Arktis
Klimaforscher wie Dirk Notz warnen, dass die Arktis mit einer dünnen und verletzlichen Eisdecke in die Schmelzsaison geht, die bis September dauert. Die globale Klimaerwärmung, die die Arktis viermal schneller als den Rest der Erde erwärmen lässt, steht im direkten Zusammenhang mit dem dramatischen Rückgang des Meereises. Tatsächlich hat sich die arktische Eisfläche seit der vorindustriellen Zeit halbiert, von knapp acht Millionen Quadratkilometern (1850-1900) auf kaum vier Millionen Quadratkilometern heute. Bei einem weiterhin ungebremsten Klimawandel erwarten Modelle des IPCC, dass die Arktis Mitte des Jahrhunderts eisfrei sein könnte.
Eine solche Entwicklung hätte nicht nur Auswirkungen auf die lokale Fauna, wie Eisbären, sondern könnte auch zu einer Zunahme der Handelsschifffahrt und dem Auftauen des Permafrosts führen. Die schmelzenden Eisflächen des Grönland-Eisschilds könnten zudem den Meeresspiegel bis 2100 um bis zu einem Meter ansteigen lassen.
Die Forschungsergebnisse zur Transpolardrift und den damit verbundenen Transportmechanismen stellen einen wichtigen Schritt dar, um das Verständnis der komplexen Wechselwirkungen im arktischen Ökosystem und die zu erwartenden Veränderungen im Kontext des globalen Klimawandels zu vertiefen.