
Die Diskussion um die Mückenbekämpfung am Chiemsee ist in vollem Gange. Im Januar 2025 wurde ein Antrag im Umweltausschuss des Bayerischen Landtags vorgestellt, der die zukünftige Bekämpfung der lästigen Blutsauger betrifft. Der Abwasser- und Umweltverband (AUV) Chiemsee plant, einen eigenen Antrag einzubringen, um alternative Maßnahmen zu ergreifen. Ziel ist es, das biologische Eiweiß bti auch bei einem Pegelstand unter 116 cm einzusetzen, um die Larvendichte von derzeit 50 Stück pro Liter Wasser zu reduzieren, wie rosenheim24.de berichtet.
Quirin Schwaiger, Geschäftsführer des AUV, äußerte sich überrascht über den Antrag der Freien Wähler zur Mückenbekämpfung. Er beabsichtigt, die Regelung zur Pegelstandabhängigkeit zu streichen und stattdessen die Durchnässung der Wiesen um den Chiemsee zu berücksichtigen. Um die geforderte Anzahl der Larven zu steuern, sollen die bestehenden Grenzen beibehalten werden, was auch Biologin Beate Rutkowski für ineffektiv hält.
Der ökologische Kontext
Die Stechmücken, allen voran die Arten Aedes vexans und Aedes sticticus, spielen eine wichtige Rolle im Ökosystem des Chiemsees. Sie dienen sowohl als Nahrung für Fische in ihrer Larvenform als auch für Vögel und Fledermäuse in ihrer adulten Form. Laut bund-naturschutz.de könnte eine flächendeckende Bekämpfung von Stechmücken in Naturschutzgebieten den Naturschutz gefährden und die natürlichen Lebensmittelketten stören.
Der Einsatz von bti, einem biologischen Insektizid, welches die Larven der Stechmücken abtötet, ist ein zentraler Punkt in der Debatte. Wissenschaftler warnen jedoch vor den negativen Auswirkungen dieses Mittels. Studien haben gezeigt, dass bti nicht nur die Zielarten der Stechmücken betrifft, sondern auch andere Insekten und Amphibien, die in den Lebensräumen vorkommen. Unabhängige Untersuchungen zur langfristigen Wirkung von bti sind gefordert, um die Auswirkungen auf die Biodiversität besser zu verstehen.
Aktuelle Herausforderungen und politische Maßnahmen
Im Jahr 2023 wurde der Pegelstand des Chiemsees aufgrund von Starkregenereignissen nie über 116 cm, was die Larvenbildung begünstigte. Die Bürgermeister der Anliegergemeinden unterstützen den Antrag zur Regelung der Mückenbekämpfung. Allerdings ist die Gemeinde Seeon-Seebruck noch nicht in die bti-Mückenbekämpfung involviert, was eine bevorstehende Abstimmung zur zukünftigen Integration erfordert.
Ein weiterer Aspekt der Diskussion betrifft die allgemein starke Pestizidbelastung von Insekten in deutschen Naturschutzgebieten. Eine Studie zeigt, dass Insekten im Durchschnitt mit 16 verschiedenen Pestiziden belastet sind. Dadurch sank die Insektenbiomasse in Schutzgebieten drastisch in den letzten 30 Jahren. Diese Ergebnisse setzen den schonenden Umgang mit Land und Wasser in eine kritische Perspektive, wie in einem Bericht auf umweltdialog.de hervorgehoben wird.
Der AUV plant, die zuständigen Behörden und Naturschutzverbände in die Entscheidungsfindung zur Mückenbekämpfung einzubeziehen. Gleichzeitig wird die Bevölkerung aufgefordert, sich über die negativen Auswirkungen des chemischen Einsatzes in der Natur informiert zu halten, um eine eigenverantwortliche Handhabung der Mückenproblematik zu fördern.