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Staatsschutz ermittelt nach Tumult beim Holocaust-Gedenktag in Strausberg

Bei der Gedenkveranstaltung zum Holocaust-Gedenktag in Strausberg kam es zu einem Vorfall zwischen Teilnehmern mit unterschiedlichen politischen Ansichten. Der Staatsschutz ermittelt aufgrund einer Bedrohung.

Am 28. Januar 2025 wurde bei einer Gedenkveranstaltung zum Holocaust-Gedenktag in Strausberg, Brandenburg, ein schwerwiegender Vorfall registriert, der die aktuelle Debatte um rechtsextreme Störungen bei solchen Erinnerungsveranstaltungen erneut anheizt. Der Staatsschutz hat Ermittlungen wegen Körperverletzung und Bedrohung eingeleitet, nachdem es während der Zeremonie zu einem handgreiflichen Streit zwischen drei Männern unterschiedlicher politischer Ansichten kam. Ein 35-Jähriger zückte dabei ein Taschenmesser, welches er jedoch nicht bei sich hatte, als die Polizei eintraf. Die bedrohten Männer konnten sich glücklicherweise in das angrenzende Seniorenheim retten.

Die Gedenkveranstaltung, die von der Stadt Strausberg und dem Kreisverband Märkisch-Oderland der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist:innen“ organisiert wurde, fand an einem Gedenkstein hinter dem Seniorenzentrum statt. Obschon es zahlreiche Störungen während der Veranstaltung gab, sind die genauen Hintergründe und die politischen Motive der Angreifer noch unklar. Besonders hervorgehoben werden sollte die Intervention einer AfD-Stadtverordneten, die den Angreifer abdrängte. Während die Polizei keinen direkten Zusammenhang zur AfD feststellte, ist dies Teil einer besorgniserregenden Tendenz, die im Kontext von Gedenkveranstaltungen zu beobachten ist.

Störungen im Kontext einer schwierigen Erinnerungskultur

Störungen und Angriffe auf Gedenktage sind kein Einzelfall. In Deutschland gibt es über 300 Gedenkstätten und NS-Dokumentationszentren, die sich mit der Rolle des Nationalsozialismus und den daran verübten Verbrechen befassen. Diese Gedenkstätten sind nicht nur Orte des Erinnerns, sondern auch Ziele rechtsextremer Übergriffe. Laut Berichten sind seit 2019 über 1700 Fälle politisch motivierter Kriminalität an Gedenkstätten dokumentiert worden, von denen über 1000 als „rechts“ eingestuft werden. Die häufigste Straftat ist Sachbeschädigung, mit nur 9,32% der Aufklärungen. Dieser Zustand verdeutlicht die Herausforderungen, bevor die gesellschaftliche Erinnerungskultur auf die zunehmenden Störungen reagiert.

Eine der bekanntesten Gedenkstätten, die Buchenwald, verzeichnete in den letzten Jahren einen besorgniserregenden Anstieg rechtsextremer Vorfälle. Allein in 2023 gab es bereits 36 Vorfälle, was die anhaltende Bedrohung durch rechtsextreme Gruppen unterstreicht. Philipp Neumann-Thein, stellvertretender Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald, äußert, dass diese Vorfälle als Angriffe auf die deutsche Erinnerungskultur gesehen werden müssen.

Politische Dimensionen und die Rolle der Erinnerungskultur

Der Holocaust-Gedenktag, der am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, begangen wird, hat in der deutschen Erinnerungskultur eine zentrale Bedeutung. Gedenken ist ein entscheidendes Element, und das Interesse an der Aufklärung über die Vergangenheit bleibt weit verbreitet. Dennoch gibt es einen merklichen Anstieg antisemitischer Übergriffe in Deutschland, insbesondere seit dem 7. Oktober 2023, und die Diskussion über die Interpretation und das Gedenken an die NS-Zeit wird angesichts rechtspopulistischer Strömungen immer komplexer.

Der politische Diskurs rund um die Erinnerungskultur verdeutlicht, wie tiefgreifend die Gesellschaft mit ihrer Vergangenheit verbunden ist. Stimmen wie die von Jens Christian Wagner, dem Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, zeigen, dass es immer noch Drohungen und Widerstände gegen eine umfassende Aufarbeitung gibt. Eine differenzierte Zählweise von Vorfällen, wie sie von Politiker Jan Korte gefordert wird, könnte dazu beitragen, diese Themen analytisch differenzierter zu betrachten.

In den letzten Jahren hat sich die Erinnerungskultur auch mit anderen Themen wie der SED-Diktatur und dem Kolonialismus auseinandergesetzt. Erinnerung, so argumentieren Experten wie die Politologin Saba-Nur Cheema, ist ein lebendiger Prozess, der sich weiterentwickeln muss, um die Lehren aus der Vergangenheit zu bewahren und auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren.

In diesem Kontext ist es von entscheidender Bedeutung, dass derartige Vorfälle, wie der in Strausberg, mit der nötigen Ernsthaftigkeit behandelt werden, um der Erinnerungskultur und den Opfern der NS-Verbrechen gerecht zu werden.

Für ausführliche Informationen zu den Ereignissen und der Bedeutung der Erinnerungskultur können die Berichte von FAZ, Deutschlandfunk und DW konsultiert werden.

Referenz 1
www.faz.net
Referenz 2
www.deutschlandfunk.de
Referenz 3
www.dw.com
Quellen gesamt
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