
In Deutschland zeigt sich besorgniserregend, dass bei Wahlen in den ostdeutschen Bundesländern wie Brandenburg, Sachsen und Thüringen im Herbst 2023 zwischen 31% und 38% der 16- bis 24-Jährigen ihre Stimme der AfD gaben. Diese Entwicklung ist nicht isoliert zu betrachten. Bei der anschließenden Europawahl im Sommer 2024 sank dieser Prozentsatz für die gleiche Altersgruppe auf bundesweit 16%. Diese Veränderungen veranlassten die Landesschülervertretungen der sechs ostdeutschen Bundesländer, ein Positionspapier zur Bekämpfung des Rechtsextremismus in Schulen zu erstellen. Ein ergänzendes Dokument wurde kürzlich in der Berliner Senatsverwaltung für Bildung vorgestellt.
Die Schülervertreter fordern unter anderem mehr Unterrichtsstunden für politische Bildung, um Jugendlichen zu helfen, faktenbasierte Positionen zu entwickeln. Berlins Schülersprecher Orcun Ilter hebt hervor, dass ein stärkerer Aktualitätsbezug im Unterricht notwendig sei, um aktuelle politische Ereignisse und digitale Informationen einzubeziehen. Dies wird besonders wichtig angesichts der Herausforderungen durch soziale Medien, in denen Falschinformationen verbreitet werden.
Forderungen der Schülervertreter
Die Schülervertreter kritisieren zudem, dass sie nicht ausreichend an politischen Entscheidungen beteiligt sind. Planspiele wie „Model United Nations“ oder „Schule als Staat“ sollen die politische Teilhabe der Schüler fördern und ihnen einen echten Einfluss auf schulische und bildungspolitische Themen ermöglichen. Trotz dieser Bemühungen berichten die Schülersprecher, dass ihre Forderungen nicht immer ernst genommen werden, was zu Frustration führt. Ein Erfolg war jedoch die Änderung einer Verwaltungsvorschrift für Zeugnisse, die durch das Bildungsministerium in Potsdam angestoßen wurde.
Der Kontext, in dem sich diese Diskussionen abspielen, ist alarmierend. Die AfD wird zunehmend als rechtsextremistisch eingestuft. Schätzungen zufolge gehören etwa 30% ihrer Mitglieder einem extremistischen Flügel an. Politische Bildung, so die Expert:innen, sollte eine zentrale Rolle im Kampf gegen diese Tendenzen einnehmen. Ziel ist es, Schüler:innen in ihrer Urteils- und Handlungsfähigkeit zu stärken, um rechtsextreme Suchbewegungen zu erkennen und ihnen aktiv entgegenzutreten.
Die Rolle der politischen Bildung
Politische Bildung wird dabei als geplanter Bildungsprozess verstanden, der Mündigkeit und Teilhabe am demokratischen Gemeinwesen fördert. Der Beutelsbacher Konsens von 1976 legt klar, dass Schüler selbstständig urteilen können sollten und dass kontroverse Themen im Unterricht behandelt werden müssen. Dies ist besonders wichtig angesichts der zunehmenden Radikalisierung der AfD und deren ethnisch-biologisch geprägten Volksverständnis, das den Prinzipien des Grundgesetzes widerspricht.
Um rechtsextreme Einstellungen präventiv zu begegnen, ist eine umfassende Strategie notwendig, in der politische Bildung eine tragende Rolle spielt. Die Diskussion über den Umgang mit der AfD bleibt daher komplex. Während einige ein Verbot der Partei fordern, befürchten andere, dass ein solches Verbot kontraproduktiv sein könnte und die AfD als Märtyrer erscheinen lässt. Stattdessen wird empfohlen, die Auseinandersetzung mit der AfD inhaltlich und argumentativ zu suchen, um demokratische Werte zu fördern.
Angesichts der dramatischen Entwicklungen ist die Forderung nach mehr politischer Bildung als präventive Maßnahme dringender denn je. Der Anstieg rechtsextremer Einstellungen in der Gesellschaft erfordert ein Umdenken in der Bildungspolitik, um Jugendliche für die Werte der Demokratie zu sensibilisieren und ihnen die Werkzeuge an die Hand zu geben, um sich aktiv daran zu beteiligen.
Für eine nachhaltige Veränderung ist es entscheidend, dass Schülervertretungen ernst genommen werden und ihre Perspektiven in die politischen Entscheidungsprozesse einfließen. Nur so kann eine lebendige Demokratie entstehen, die Falschinformationen zur Seite schiebt und rechtsextremen Tendenzen entschlossen entgegenwirkt.
Für weitere Informationen über die aktuellen Entwicklungen und die Rolle der AfD in der deutschen Politik, siehe Tagesspiegel, bpb.de und bpb.de.