
In Wildeshausen sorgt ein Streit um die Teilnahme von Mädchen beim traditionellen Gildefest für Aufregung. Derzeit dürfen Mädchen nur zuschauen, während Jungen im Alter von 10 bis 14 Jahren mit der Armbrust auf den Papagei schießen. Die Initiative „Gilde für alle“ verlangt mit Nachdruck, dass Mädchen ebenfalls aktiv am Kinderschützenfest teilnehmen dürfen und fordert den Zugang zum Schießen auf den Papagei. Bei der kommenden Generalversammlung der Gilde am Samstag steht ein entsprechender Antrag zur Abstimmung, der die Statuten des rein männlichen Vereins verändern könnte. Gilde-Oberst Friedrich Ahlers gab jedoch zu verstehen, dass er keine Empfehlung für die Abstimmung abgeben werde und betonte, dass man auf alles vorbereitet sei. In diesem Kontext äußerte Hendrik Boldt von der Initiative, dass die Chancen auf eine Mehrheit für den Antrag eher gering seien.
Trotz der Perspektivlosigkeit der Initiative ist das Gildefest ein zentrales gesellschaftliches Ereignis für die Bewohner von Wildeshausen. Das Fest fördert die Gemeinschaft zwischen alt und jung sowie zwischen Eingesessenen und Zugezogenen. Das freut besonders die jungen Wildeshauser, die sich darauf freuen, in die Gilde einzutreten. Für viele Mädchen bleibt die Frage, warum sie nicht am Geschehen teilnehmen dürfen, schwer nachvollziehbar. Sie dürfen zwar die Jungen mit Rüschenkleidern begleiten und gelegentlich die Königskette polieren, aber eine aktive Teilnahme ist ausgeschlossen. Majken Hjortskov, ein Mitglied der Initiative, darf selbst nicht abstimmen, da Frauen nicht Mitglied der Gilde sind.
Politische Dimension und gesellschaftliche Relevanz
Das Gildefest hat nicht nur eine kulturelle, sondern auch eine politische Dimension. Der Bürgermeister von Wildeshausen wird traditionell zum General der Gilde ernannt, was die enge Verbindung zwischen dem Fest und der Stadtverwaltung verdeutlicht. Viele Menschen in Wildeshausen distanzieren sich zunehmend vom Fest, da der Ausschluss von Mädchen und Frauen als diskriminierend wahrgenommen wird. Es wird deutlich, dass eine Änderung der Teilnahmebedingungen dringend notwendig ist, um das Fest für alle Bürger zugänglich zu machen.
Die Initiative bittet die Öffentlichkeit um Unterstützung ihrer Petition, um Gleichheit bei der Teilnahme am Kinderschützenfest zu erreichen. Interessierte können sich unter der E-Mail-Adresse gilde.fuer.alle@gmail.com an die Veranstalter wenden und sich für eine gerechtere Regelung einsetzen. Das dürfen nicht nur die Befürworter der Initiative, sondern alle, die eine moderne und integrative Tradition in Wildeshausen fördern möchten.
Zusammenfassend wird die Diskussion um die Teilnahme von Mädchen am Gildefest nicht nur von emotionalen Argumenten getragen, sondern ist auch Teil eines größeren Wandels hin zu mehr Gleichberechtigung in Traditionsveranstaltungen. Die Bewegung, Mädchen das Schießen zu erlauben, könnte als wichtiges Zeichen dafür angesehen werden, dass Traditionen sich weiterentwickeln müssen, um den Werten einer modernen Gesellschaft gerecht zu werden. Dies wird auch im jüngst veröffentlichten Buch „Immaterielles Kulturerbe und Regionale Identität – Schützenwesen in Nordwestdeutschland“ thematisiert, das die gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung solcher Feste untersucht.