
Am 17. Februar 2025 musste Heike Kalb, eine gehbehinderte Neustrelitzerin, bei einem Bürgerdialog der SPD in der Bäckerei „Kornhus“ vor der Tür bleiben. Der Grund: Mangelnde Barrierefreiheit in der Bäckerei. Kalb nutzt einen Rollstuhl oder Seniorenscooter und empfindet die Zutrittshürden in Geschäften, Hotels und Restaurants als äußerst frustrierend. Besonders Treppen, schmale Türen und das Kopfsteinpflaster in Neustrelitz stellen für sie große Herausforderungen dar. Für ihre Mobilität ist die Barrierefreiheit in der Stadt ein drängendes Problem.
Kald hat zudem eine Prothese am rechten Unterschenkel, die aus einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit resultiert. Sie äußert den Wunsch nach schnellen und pragmatischen Lösungen, da viele Senioren in Neustrelitz ähnliche Schwierigkeiten haben. Diese Erfahrungen spiegeln die breite Problematik der Barrierefreiheit in der Region wider. Für ihren Urlaub hat sie einen Autoanhänger für ihren Seniorenscooter angeschafft, hat jedoch auch hier mit der Suche nach behindertengerechten Unterkünften zu kämpfen, die oftmals ausgebucht sind.
Die Herausforderungen der Barrierefreiheit
Die Erfahrungen von Heike Kalb sind nicht einzigartig. Tatsächlich zeigt sich, dass viele Menschen mit körperlichen Einschränkungen im öffentlichen Raum auf erhebliche Barrieren stoßen. Das „Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG)“, das seit 2002 gilt, sollte solche Herausforderungen adressieren. Es hat unter anderem zur Förderung der Barrierefreiheit im öffentlichen Personenverkehr (ÖPNV) beigetragen, doch die praktische Umsetzung bleibt oft hinter den Erwartungen zurück. Die Vorschriften wie das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zielen darauf ab, bis zum 1. Januar 2022 eine vollständige Barrierefreiheit im ÖPNV zu erreichen. Leider sind viele dieser Ziele noch nicht vollständig verwirklicht.
Der öffentliche Nahverkehr spielt eine entscheidende Rolle für Menschen mit Behinderungen, die auf eine eigene Mobilität angewiesen sind. Barrierefreiheit wird nicht nur als wichtiges Ziel betrachtet, sondern auch als Qualitätsgewinn für alle Nutzer – darunter auch ältere Menschen und Eltern mit Kinderwagen. Die alternde Gesellschaft erfordert zunehmend eine Integration von Barrierefreiheit in die Verkehrspolitik, was auch die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union betrifft.
E-Scooter als mögliche Lösung?
In der Diskussion um Mobilitätslösungen gewinnen E-Scooter an Bedeutung, insbesondere seit ihrer Einführung im Straßenverkehr im Jahr 2019. Diese Fahrzeuge dürfen mit einer Geschwindigkeit zwischen 6 km/h und maximal 20 km/h fahren und können, abhängig von der körperlichen Verfassung der Nutzer, eine wertvolle Hilfe darstellen. E-Scooter sind in vielen mittelgroßen Städten verfügbar und können für Menschen mit chronischen Erkrankungen eine Bereicherung sein, solange die körperlichen Fähigkeiten es erlauben.
Allerdings sind auch hier bestimmte Voraussetzungen zu beachten. E-Scooter müssen mit breiten Bremsen und Beleuchtung ausgestattet sein, und eine Haftpflichtversicherung ist obligatorisch. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 25 Euro pro Jahr. Nach wie vor sind E-Scooter jedoch nur für Personen ab 14 Jahren geeignet, was das Alter der Nutzer einschränkt.
Die Herausforderungen, die Heike Kalb im Alltag begegnen und die breite Diskussion über Barrierefreiheit zeigen, wie wichtig eine ganzheitliche Betrachtung der Mobilitätsbedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ist. Die Stadt Neustrelitz und ähnliche Gemeinden stehen vor der Aufgabe, die Barrieren zu minimieren und Inklusion zu fördern, um allen Bürgern ein gleichwertiges Leben zu ermöglichen.
Die verschiedenen Facetten der Barrierefreiheit und der Mobilität münden in eine zentrale Botschaft: Es ist an der Zeit, pragmatische Lösungen zu finden und umzusetzen, um den Bedürfnissen aller Menschen gerecht zu werden und die gesellschaftliche Teilhabe zu fördern.
Weitere Informationen über die Herausforderungen und Lösungen im Bereich der Barrierefreiheit finden Sie auf Nordkurier, Handicap Bazar und Bundesministerium für Digitales und Verkehr.