
Der Einfluss der extremen Rechten und deren Strategien steht im Mittelpunkt einer aktuellen Diskussion an der Leuphana Universität. In einer Veranstaltung am 28. Januar 2025 erörterte Simon Strick vom Brandenburgischen Zentrum für Medienwissenschaften (ZeM) die Rolle der sogenannten Fashosphere. Diese digitale Subkultur verknüpft rechtsextreme Akteure mit Memekultur und beeinflusst die politische Kommunikation. Strick merkte an, dass historische Begriffe wie „Faschismus“ den heutigen Phänomenen nicht vollständig gerecht werden und betonte die Herausforderung, der sich die politische Linke gegenübersieht, wenn sie in einem solchen Umfeld geeignete Gegenstrategien entwickeln möchte.
Stricks Vortrag lieferte einen umfassenden Einblick in die Art und Weise, wie die digitale Kultur dazu beiträgt, rechtsextreme Narrative zu verbreiten. In der anschließenden Paneldiskussion, moderiert von Michael Koß, wurden weiterführende Themen behandelt, wie die Verflechtungen zwischen ökonomischen und ideologischen Interessen. Laura Hille von der Leuphana hob hervor, dass technologische Einflüsse durch Figuren wie Peter Thiel zur politischen Kontrolle eingesetzt werden. Solche Strategien unterstützen das Aufblühen von Personen, die populistische Erzählungen verbreiten, wie etwa Elon Musk und Donald Trump.
Rechte Netzwerke und ihre Anpassungsfähigkeit
Die Diskussion offenbarte, dass rechte Netzwerke nicht nur ideologisch vielfältig sind, sondern sich auch an unterschiedliche gesellschaftliche Kontexte anpassen. Ben Hundertmark untersuchte Memes der Reichsbürgerbewegung, die eine romantisierte Sicht auf „traditionelles Deutschland“ propagiert. Zusätzlich analysierte LIAS Alumnus Adrià Alcoverro den Aufstieg der extremen Rechten in Argentinien und Spanien, wo die neoliberale Schockpolitik von Javier Milei populistische Narrative mit ökonomischer Radikalität verknüpft. Die Analysen zeigen, dass Personen wie Milei mit drastischen Strategien versuchen, staatliche Institutionen zu schwächen.
Eine wichtige Erkenntnis aus den Diskussionen war die Notwendigkeit, den Anfängen einer rechtsextremistischen Radikalisierung im Internet entgegenzuwirken. Laut einer aktuellen Broschüre des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) erfolgt diese Radikalisierung oftmals über Social-Media-Plattformen wie Facebook, X (ehemals Twitter), Steam und besonders Telegram. Diese Plattformen bieten nicht nur Raum für die Verbreitung extremistischer Inhalte, sondern auch für die Rekrutierung neuer Anhänger und die Mobilisierung von Sympathisanten. In den letzten Jahren haben sich Imageboards zu einem weiteren bedeutenden Medium für rechtsextremistische Agitation entwickelt.
Gegenstrategien und die Rolle der Zivilgesellschaft
Die Herausforderungen, die mit der Verbreitung rechter Narrative einhergehen, erforden ein strategisches Vorgehen gegen die Aneignung progressiver Diskurse. LIAS Fellows Kerstin Stakemeier und Danny Hayward betonten, dass eine reaktive Strategie nicht ausreichend ist, um die sich verändernde Natur des Faschismus zu konfrontieren. Ihre Analysen offenbarten, dass Rechte Resonanzen in kulturellen Bereichen, wie zum Beispiel der Kunst, finden und somit versuchen, sich breiter zu verankern. Stakemeier verwies hierbei auf Kontroversen wie die rund um die LD50 Gallery in London im Jahr 2017.
Der Workshop von LIAS Senior Fellow Alex Demirović beleuchtete zudem die Propagandastrategien der AfD in Sachsen. Diese werden insbesondere im Zusammenhang mit Themen wie Migration, Umwelt und Gender genutzt. Solche Themen werden systematisch als Bedrohungen präsentiert, ohne dass konstruktive politische Lösungsansätze angeboten werden. Der Konsens unter den Diskutierenden war ein klares Bekenntnis zu einem aktiven Engagement. Rechte Narrative können nicht nur mit rationalen Argumenten bekämpft werden; viel mehr ist das Engagement von Gemeinschaften notwendig, um den Herausforderungen des rechten Spektrums wirksam zu begegnen.
Die Veranstaltung schloss mit einer Diskussion über den Nagelbombenanschlag des NSU in der Kölner Keupstraße im Jahr 2004. Die Reflexion über diesen Anschlag und die anschließende Darstellung durch den Film „Der Kuaför aus der Keupstraße“ unterstrichen die Wichtigkeit, sich mit den Folgen rassistischer Gewalt aktiv auseinanderzusetzen. Abdulla Özkan, ein Opfer des Anschlags, und Karmen Frankl von der Initiative „Keupstraße ist überall“ appellierten an die Studierenden, sich engagiert gegen rassistische Gewalt zu positionieren.
In einer Zeit, in der das Internet ein zentraler Radikalisierungsraum geworden ist, bleibt es entscheidend, dass Sicherheitsbehörden und die Zivilgesellschaft gemeinsam Strategien entwickeln, um rechtsextremistischen Ideologien entgegenzuwirken. Die Einbeziehung technologischer Entwicklungen in die politische Analyse wird unerlässlich, um die Gefahr, die von solchen Netzwerken ausgeht, rechtzeitig zu erkennen und zu bekämpfen.
Für mehr Informationen zu den gelebten Narrativen der extremen Rechten und deren Strategien, sowie zur Verbreitung von rechtsextremistischem Gedankengut im Internet, sind die Berichte der Leuphana, Bundeszentrale für politische Bildung und des Bundesamtes für Verfassungsschutz von großer Bedeutung.