
Der Bartgeier, der größte Flugvogel der Alpen, war zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts nahezu ausgerottet. Dank intensiver Wiederansiedlungsprogramme, die in den 1980er Jahren ihren Anfang nahmen, konnte sich die Population in den Alpen inzwischen auf etwa 350 Exemplare erholen. Pressesprecher Livio Rey hebt hervor, dass der Standort von Windkraftanlagen eine entscheidende Rolle für das Überleben dieser majestätischen Vögel spielt. Bereits einige hundert Meter Veränderung können entscheidende Unterschiede für die Bartgeier ausmachen, da Windräder erhebliche Gefahren darstellen.
Windkraftanlagen sind nicht die einzigen Bedrohungen für die Bartgeier. Stromleitungen, Seilbahnen und illegale Abschüsse zählen ebenfalls zu den Risikofaktoren. Die Rotorblätter von Windkraftanlagen erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h, die für die Bartgeier, die eine Flügelspannweite von über 2,5 Metern haben, schwer abzuschätzen sind. Haltungskosten und Verlust durch Unfälle stellen ernste Probleme dar, denn bereits neun zusätzliche Todesfälle pro Jahr könnten die Population an den Rand des Rückgangs bringen.
Die erfolgreiche Wiederansiedlung
Die systematische Wiederansiedlung der Bartgeier, die 1986 begann, mündete 1997 in die erste erfolgreiche Brut in freier Wildbahn. Ein integriertes Populationsmodell, das von der Vogelwarte, der Stiftung Pro Bartgeier und der Universität Bern entwickelt wurde, hilft dabei, die demografischen Entwicklungen der Bartgeierpopulation besser zu verstehen. Dieses Modell beschreibt Kerngebiete mit höherem Fortpflanzungserfolg im Vergleich zu peripheren Regionen. Ein Anstieg der Sterblichkeitsrate im Kerngebiet um nur 2 Prozent könnte das Populationswachstum ernsthaft gefährden.
Die wichtige genetische Diversität wird durch die kontinuierliche Auswilderung junger Bartgeier erhöht. Im bayerischen Nationalpark Berchtesgaden wurden seit 2021 mehrere Bartgeier erfolgreich ausgewildert. Zuletzt geschah dies im Mai 2024. Die ersten beiden ausgewilderten Vögel kamen aus Spanien, gefolgt von weiteren Weibchen und einem Männchen aus Österreich in 2023. Jedoch gab es auch Rückschläge, denn eines der ursprünglich ausgewilderten Weibchen überlebte nicht und wurde von einem Stein erschlagen.
Überwachung und Beobachtungen
Um den Bestand der Bartgeier kontinuierlich zu überwachen, werden jährliche Zählungen des Bartgeierbestands im Herbst durchgeführt, wie kürzlich im Nationalpark Hohe Tauern. 2023 wurden mindestens 24 Bartgeier in Österreich gesichtet, was das Ergebnis aus dem Jahr 2013 übertrifft. Tatsächlich war das Jahr 2014 ein Rekordjahr mit 24 Bartgeiern und zwei erfolgreichen Freilandbruten.
Die Mithilfe eines Netzwerks von freiwilligen Beobachtern ist von großer Bedeutung. Diese tragen entscheidend zur Überwachung der freigelassenen Bartgeier bei, die große Gebiete durchstreifen und oft über weite Distanz fliegen. Ein Beispiel ist der Bartgeier Felix, der von Osttirol nach Cortina flog. Sender werden nur von einem Teil der Bartgeier getragen, was die Notwendigkeit einer breiten Unterstützung durch interessierte Naturliebhaber unterstreicht.
Die Herausforderungen, denen sich die Bartgeier noch immer gegenübersehen, sind beachtlich. Dennoch zeigt die positive Entwicklung der Population, dass die Maßnahmen zur Wiederansiedlung sowie zur Reduzierung der Gefahren gewisse Erfolge erzielen können. Es bleibt zu hoffen, dass durch fortwährende Anstrengungen und Anpassungen der Schutzstrategie die Bartgeier-Population in den Alpen weiter wachsen kann.