
Die Diskussion um die Erhebung des Sprachstandes bei Vorschulkindern hat in letzter Zeit an Dynamik gewonnen. Sachsen-Anhalts Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) plädiert im Landtag für eine verbesserte Überprüfung des Sprachstands vor der Schuleinführung. Ziel dieser Maßnahmen ist es, potenzielle Probleme in der Schule frühzeitig zu identifizieren und abzuwenden. Die Ministerin hebt hervor, dass eine präzise Erfassung des Sprachstands notwendig ist, um Kindern einen erfolgreichen Übergang in die Schule zu ermöglichen. Ihre Forderung wird von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Bildungs- und Sozialministerien unterstützt, die sich intensiv mit Sprachstandserhebungen in Kindertagesstätten (Kitas) auseinandersetzt.
Die Grünen haben in diesem Kontext eine verpflichtende, landesweite Sprachstandserhebung für Kinder ab viereinhalb Jahren gefordert. Susan Sziborra-Seidlitz, die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, betont, dass kein Kind mit Sprachproblemen in die Schule kommen sollte. Diese Auffassung wird von der CDU-Fraktion unterstützt, die ebenfalls für verpflichtende Sprachtests im Vorschulalter plädiert. CDU-Abgeordneter Matthias Redlich weist darauf hin, dass viele Kinder bei der Einschulung wichtige Grundlagen fehlen, die für ihren Bildungserfolg entscheidend sind.
Landesweite Sprachstandserhebungen – Ein Vergleich
Die aktuelle Situation zeigt, dass ausnahmslos alle Bundesländer, bis auf Thüringen und Sachsen-Anhalt, bereits landesweite Sprachstandserhebungen durchführen. Die schwarz-rot-gelbe Koalition plant, das Thema im Landtagsausschuss weiter zu beraten. Ein zentraler Aspekt dieser Beratungen ist die Einführung verbindlicher Sprachstandserhebungen, die sicherstellen sollen, dass der Sprachstand aller Kinder vor der Einschulung erfasst wird, auch derjenigen, die keine staatlich geförderte Kindertageseinrichtung besuchen.
In Bayern beispielsweise gilt, dass staatlich geförderte Kindertageseinrichtungen seit der ersten Hälfte des vorletzten Kindergartenjahres verpflichtet sind, den Sprachstand der Kinder zu erheben. Um diese Regelung zu stärken, wurde ein neues Gesetz verabschiedet, das auch die Erhebung des Sprachstands in Grundschulen vorsieht. Ab März 2025 können Grundschulen ein Sprachscreening durchführen, um den Sprachförderbedarf zu ermitteln. Hierbei wird das Instrument „Bayerisches Sprachscreening des individuellen Sprachförderbedarfs – BASIS“ eingesetzt.
Frühzeitige Sprachförderung
Die Bedeutung einer guten sprachlichen Bildung wird auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) betont. Dieses fördert gezielt die sprachliche Bildung, um Kinder auf ein erfolgreiches Leben vorzubereiten. Bildungsstudien zeigen, dass viele Kinder und Jugendliche in Deutschland Schwierigkeiten mit Sprach-, Lese- und Schreibkompetenzen haben. Als Antwort darauf wurde die Initiative BiSS ins Leben gerufen, um die Sprachförderung in Kitas und Schulen zu verbessern.
Über 90% der Kinder zwischen drei und sechs Jahren besuchen heutzutage eine Kita oder einen Kindergarten. Diese Einrichtungen sind weiterhin zur Durchführung von Sprachstandserhebungen verpflichtet, um den individuellen Förderbedarf der Kinder festzustellen. Spezielle Beobachtungsinstrumente wie SISMIK und SELDAK unterstützen Fachkräfte dabei, den Sprachstand systematisch zu erfassen.
Die frühzeitige Förderung von Sprache ist entscheidend, um Chancengerechtigkeit zu garantieren. Dabei geht es nicht nur um die sprachliche Entwicklung, sondern auch um die soziale Teilhabe der Kinder. Über 5-8% der Vorschulkinder haben spezifische Sprachentwicklungsstörungen, die eine Sprachtherapie erfordern. Diese hohe Zahl unterstreicht die Notwendigkeit, Sprachförderung als verbindliches Bildungsziel in Kitas zu verankern und präventiv zu wirken.
Die sinkende Sprachkompetenz unter Kindern in Deutschland erfordert verstärkte Anstrengungen aller Akteure – darunter Bildungseinrichtungen, Eltern und Lehrkräfte. Durch geeignete Maßnahmen und Unterstützungsangebote sollen Kinder bestmöglich gefördert und auf ihre Bildungsreise vorbereitet werden.