
Thorsten Latzel, der Präses der rheinischen Kirche, fordert eine Versachlichung der Debatte über Migration und Asyl in Deutschland. In einem eindringlichen Appell, der auf die politischen Spannungen und die Instrumentalisierung des Leids von Opfern vergangener Terroranschläge abzielt, betont er die Notwendigkeit, Asyl nicht zum Spielball politischer Machtkämpfe zu machen. Latzel kritisiert vehement die politisch motivierte Nutzung der Tragödien in Aschaffenburg, Magdeburg und Solingen und hebt hervor, dass effektiver Schutz vor Gewalt gewährt werden muss, ohne dabei die Menschenrechte zu opfern.
„Migration ist nicht die Mutter aller Probleme“ – so veranschaulicht Latzel das Thema, vergleichend mit der oft diskutierten Pünktlichkeit der Deutschen Bahn. Er erkennt zwar die Notwendigkeit von Abschiebungen an, plädiert jedoch dafür, dass dabei der Mensch im Mittelpunkt stehen muss. Die Politik müsse sicherstellen, dass die Rechte der Betroffenen gewahrt bleiben, insbesondere angesichts einer zunehmenden Zuspitzung der politischen Debatte in Deutschland, insbesondere durch als extremistisch eingestufte Stimmen wie die der AfD.
Appell an die Demokratie
Latzel äußert sich besorgt über die aktuellen Entwicklungen in der politischen Landschaft Deutschlands. Er appelliert an die demokratischen Parteien, sich nicht spalten zu lassen und Kompromissfähigkeit zu zeigen. Die Bürger, so Latzel, sollten bei der bevorstehenden Bundestagswahl am 23. Februar für Menschenwürde und gesellschaftlichen Zusammenhalt stimmen. Zehntausende Menschen haben bereits gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD demonstriert, was die Entschlossenheit der Zivilgesellschaft verdeutlicht.
Die rheinische evangelische Kirche, die über 2,1 Millionen Mitglieder in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland verfügt, steht vor finanziellen Herausforderungen. Um Einsparungen von mindestens 33 Millionen Euro zu realisieren, reagiert die Synode auf die Wirtschaftskrise und den Rückgang der Mitgliederzahlen.
Rechtslage und Herausforderungen im Asylrecht
Das Recht auf Schutz vor Verfolgung ist in Artikel 16a des deutschen Grundgesetzes verankert. Auch auf EU-Ebene sowie durch die Europäische Menschenrechtskonvention ist dieser Schutz festgelegt. Ein Zugang zu einem fairen und rechtsstaatlichen Asylverfahren muss für alle Schutzsuchenden gewährleistet sein, was jedoch angesichts der politischen Stimmung nicht immer gegeben ist. Der Umgang mit Asyl und die Aufnahme von Schutzsuchenden spiegeln die Herausforderungen und Debatten innerhalb der Gesellschaft wider, wie die Menschenrechtsorganisation Institut für Menschenrechte feststellt.
Ein weiterer kritischer Aspekt ist, dass in mehreren EU-Staaten die Rechte von Asylsuchenden verletzt werden. Gewaltsame Rückführungen ohne Prüfung der Asylgründe sowie menschenunwürdige Unterbringungsbedingungen, oft in gefängnisähnlichen Einrichtungen, stellen gravierende Verstöße dar. Insbesondere vulnerable Gruppen, einschließlich Familien mit Kindern, sind hier betroffen. Das Institut für Menschenrechte warnt, dass die geplanten Reformen im Asylrecht bestehende Missstände nicht lösen, sondern im Gegenteil eine Abkehr von menschenrechtlichen Grundprinzipien darstellen könnten.
Die Reform sieht beschleunigte Verfahren an den Außengrenzen der EU vor, was kritisiert wird, da Schutzsuchende zunächst als nicht eingereist gelten, obwohl sie europäischen Boden betreten haben. Die Senkung der Anforderungen an die Einstufung von sicheren Drittstaaten könnte dazu führen, dass unsichere Regionen innerhalb eines Landes ignoriert werden. Dies birgt die Gefahr, dass Asylverfahren in Ländern stattfänden, die die Genfer Flüchtlingskonvention nicht unterzeichnet haben.
Zusammenfassend ist die Situation um Migration und Asyl in Deutschland und der EU von drängenden Herausforderungen geprägt. Latzels Appell steht im Kontext einer grundlegenden Notwendigkeit, die Menschenrechte zu wahren und die politische Debatte zu versachlichen, um dem Schutzbedürfnis von Asylsuchenden gerecht zu werden.