
Eine aktuelle Studie eines Forschungsteams aus Würzburg hat neue Erkenntnisse über therapeutische Antikörper und deren Wirkungsweise auf Krebszellen veröffentlicht. Die Ergebnisse erscheinen im renommierten Journal „Science“ und konzentrieren sich insbesondere auf Blutkrebserkrankungen wie die chronische lymphatische Leukämie (CLL). Bei dieser Erkrankung wachsen die B-Zellen des Immunsystems unkontrolliert, was zu schweren gesundheitlichen Problemen führt. Die Forscher setzen maßgeschneiderte Antikörper ein, um das Protein CD20 auf B-Zellen zu markieren und damit immunologische Reaktionen auszulösen, die zur Zerstörung der Krebszellen führen. Laut der Universität Würzburg sind therapeutische Antikörper seit 30 Jahren gegen Tumorerkrankungen in Gebrauch, doch der genaue Wirkmechanismus war bislang unzureichend erforscht.
Ein entscheidender Fortschritt dieser Studie ist der Einsatz einer innovativen Methode: der superauflösenden Mikroskopie (LLS-TDI-DNA-PAINT). Diese Technik ermöglicht erstmals eine 3D-Darstellung der Wechselwirkungen zwischen therapeutischen Antikörpern und den Zielmolekülen auf Tumorzellen. Dr. Arindam Ghosh, Erstautor der Studie, und seine Kollegen, darunter Dr. Thomas Nerreter und Professor Martin Kortüm, führten erste Tests an Raji-B-Zellen durch, die aus einem Burkitt-Lymphom stammen.
Wirkungsmechanismus der Antikörper
In ihren Experimenten stellten die Forscher fest, dass alle getesteten Antikörper – darunter RTX, OFA, OBZ und 2H7 – die CD20-Moleküle in der Zellmembran verketten. Diese Verkettung aktiviert das Komplementsystem, was den Zelltod der B-Zellen einleitet. Die Studienergebnisse zeigten zudem, dass die Verkettung unabhängig von der Klassifizierung der Antikörper in Typ I oder II auftritt. Bei der Behandlung führt dies zur Stabilisierung von Mikrovilli und zur Bildung einer Igelgestalt der B-Zellen, was auf eine mögliche Aktivierung von Makrophagen und natürlichen Killerzellen hinweist.
Für die Zukunft planen die Forscher weitere Studien, um ihre Vermutungen über die Immunreaktionen bestmöglich zu überprüfen. Diese neuen Erkenntnisse könnten erheblichen Einfluss auf die Entwicklung effektiverer Therapien gegen Krebs haben. Die Publikation von Ghosh et al. mit dem Titel „Decoding the molecular interplay of CD20 and therapeutic antibodies with fast volumetric nanoscopy“ erschien am 9. Januar 2025 und wurde von verschiedenen Institutionen gefördert, darunter der European Research Council und das Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Therapieoptionen und Leitlinien
Im Kontext der Antikörpertherapie gibt es bereits etablierte Leitlinien zur Behandlung verschiedener Krebsarten. Diese Leitlinien werden vom Leitlinienprogramm Onkologie der AWMF, DKG und DKH bereitgestellt und enthalten wichtige Informationen darüber, welche Antikörpertherapien für bestimmte Krebsarten geeignet sind. Der Krebsinformationsdienst nutzt aktuelle Fachinformationen, um präzise Aussagen zu Medikamenten zu treffen, die für die Therapie eingesetzt werden können.
Umfassende Informationen zu zugelassenen monoklonalen Antikörpern in Deutschland sind auf den Webseiten des Paul-Ehrlich-Instituts verfügbar. Zudem werden Nutzenbewertungen für neuere Arzneimittel gemäß § 35a des SGB V herangezogen. Diese Bewertungen können für Ärzte und Fachkreise von höchster Relevanz sein, um informierte Entscheidungen über Behandlungsoptionen zu treffen.
Der Fortschritt in der Forschung zu therapeutischen Antikörpern könnte also nicht nur die individuelle Behandlung von Krebspatienten verbessern, sondern auch zu einem besseren Verständnis der biologischen Mechanismen hinter diesen Behandlungen führen.