
Der Historiker Volker Weiß beleuchtet in seiner Analyse die Geschichtsnarrative der Rechtsextremen in Deutschland. In seinem Werk stellt er fest, dass gegenwärtige rechte Strömungen versuchen, die Geschichte umzuschreiben, um die eigene Agenda zu legitimieren. Eine bemerkenswerte Behauptung, die er aufstellt, ist, dass Wladimir Putin in vielen Aspekten „alles richtig macht“. Dies ist Teil eines größeren Narrativs, das in rechten Kreisen populär ist und auch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) als links einordnet. Darüber hinaus wird die Deutsche Demokratische Republik (DDR) von einigen als ein System dargestellt, das Vorzüge hatte, während die Bürgerrechtsbewegung oft vereinnahmt wird. Diese Strategien sind Teil einer bewussten Geschichtspolitik, die darauf abzielt, eigene Ideologien zu untermauern und gleichzeitig die Wahrnehmung des historischen Kontexts zu verändern. So stellte Andrew Breitbart fest: „Politics is downstream from culture“, was verdeutlicht, wie wichtig kulturelle Narrative für politische Bewegungen sind. Breitbart, der die Gründung verschiedener Online-Medien übernahm, verstarb 2012 in Los Angeles. Seit seinem Tod haben Steve Bannon und andere versucht, seine Arbeit fortzuführen und die von ihm propagierten Ideen weiterzutragen.
Die Entwicklung des Rechtsextremismus in Deutschland ist kein neues Phänomen, sondern hat sich über mehrere Jahrzehnte hinweg entfaltet. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung hat sich die bundesdeutsche rechtsextreme Szene in vier Phasen entwickelt. Diese Phasen verdeutlichen, wie sich die rechte Bewegung an gesellschaftliche Veränderungen anpasste und dabei unterschiedliche Strategien verfolgte.
Die vier Phasen des Rechtsextremismus
Die erste Phase, die von 1945 bis 1961 dauerte, war geprägt von den Nachkriegsproblemen und der Teilung Deutschlands. In der Bundestagswahl 1949 erhielten extrem rechte Parteien rund 4% der Stimmen, was 18 Mandaten entsprach. Ein bemerkenswerter Erfolg zeigte sich 1951, als die Sozialistische Reichspartei (SRP) in Niedersachsen 11% der Stimmen holte. Doch die politische Stabilität und das sogenannte „Wirtschaftswunder“ führten zu einem Rückgang der sozialen Basis für den Rechtsextremismus.
In der zweiten Phase, von 1962 bis 1982, wurde die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) 1964 gegründet und konnte zwischen 1966 und 1968 in sieben Landesparlamente einziehen. Trotz eines starken Rückgangs in den 1970er Jahren, aufgrund interner Krisen und der Entstehung neonazistischer Gruppen, blieb die NPD ein bedeutender Player im rechtsextremen Spektrum.
Gesellschaftliche Umbrüche und ihr Einfluss
Die dritte Phase von 1983 bis 1990 zeigte einen Aufstieg des Rechtsextremismus, der von gesellschaftlichen Umbrüchen geprägt war. Die Gründung der Partei Die Republikaner 1983 führte zu Wahlerfolgen, besonders bei den Europawahlen. Bis Ende der 1980er Jahre wuchs die organisierte Mitgliederschaft auf 50.000 an.
Seit 1990 in der vierten Phase hat der ostdeutsche Rechtsextremismus an Bedeutung gewonnen, besonders angesichts eines Anstiegs rassistischer Gewalt in den frühen 1990er Jahren. Die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ist ein düsteres Beispiel für den gewalttätigen Ausdruck von Rechtsextremismus in dieser Zeit. Wahlerfolge von Parteien wie der DVU und der NPD zeigen, dass rechtsextreme Einstellungen in bestimmten Bevölkerungsgruppen weiterhin populär sind. Während die NPD 2004 in Sachsen 9,2% der Stimmen erhielt, sind ihre Ergebnisse seither gesunken.
In den letzten Jahren hat die Alternative für Deutschland (AfD) das rechtsextreme Wählerpotenzial erheblich absorbiert. Militanz im Rechtsextremismus bleibt hoch, und die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten ist nach wie vor besorgniserregend. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass die Auseinandersetzung mit den Geschichtsnarrativen der Rechten nicht nur eine akademische Herausforderung ist, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung darstellt.