
Am 19. Februar 2025 hat in München der Prozess gegen die linksextremistische Aktivistin Hanna S. begonnen. Die Bundesanwaltschaft erhebt gegen sie Anklage wegen versuchten Mordes. Dieser Prozess ist der erste Strafprozess in Deutschland, der im Kontext des sogenannten Budapest-Komplexes stattfindet, und wird am Oberlandesgericht München verhandelt. Der Vorfall, aus dem die Anklage resultiert, ereignete sich im Februar 2023 in Budapest, im Rahmen eines Treffens von Rechtsextremisten.
Hanna S. wird vorgeworfen, gemeinsam mit einer Gruppe von drei weiteren Personen Angriffe auf Personen verübt zu haben, die der rechten Szene zugeordnet werden. Ihre Verteidigung kritisiert die Vorwürfe als überzogen und spricht von „Dämonisierung und Stigmatisierung“. Seit Mai 2024 sitzt Hanna S. in Untersuchungshaft, angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung und ihrer Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung.
Erste Einblicke in den Prozess
Rund 100 Menschen versammelten sich vor Prozessbeginn zu einer friedlichen Kundgebung, um Hanna S. ihre Unterstützung zu zeigen. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt für sie die Unschuldsvermutung. Der Prozess umfasst vorläufig 32 Verhandlungstermine, und ein Urteil könnte gegen Ende September gefällt werden. Die Vorfälle, um die es geht, fanden rund um den „Tag der Ehre“ in Budapest statt, an dem Rechtsextremisten aus ganz Europa zusammenkommen, um des Ausbruchsversuchs der Wehrmacht und ihrer ungarischen Kollaborateure zu gedenken.
Die Relevanz dieses Prozesses geht über den Einzelfall hinaus und ist Teil eines größeren Kontexts, der das Phänomen des extremistischen Verhaltens in Deutschland umfasst. Die Differenzierung zwischen linksextremistischer und rechtsextremistischer Kriminalität ist entscheidend, um die Entwicklung extremistischer Bewegungen besser zu verstehen.
Extremismus im deutschen Kontext
Laut den jährlichen Berichten des Bundeskriminalamts (BKA) zur politisch motivierten Kriminalität ist die Zunahme von extremistischen Straftaten ein zentrales Thema. Im Jahr 2022 wurden 3.847 linksextremistische und 20.967 rechtsextremistische Straftaten registriert. Ein signifikanter Teil der rechtsextremistischen Delikte betrifft Propagandadelikte, während linksextremistische Straftaten oft Sachbeschädigungen umfassen. Die Zahlen zeigen, dass linksextremistische Gewalttaten von 987 auf 602 zwischen 2021 und 2022 sanken, während rechtsextremistische Gewalttaten eine höhere Gewaltintensität und ein größeres Gefahrenpotential aufweisen.
Die Bewertung dieser extremistischen Aktivitäten erfordert eine differenzierte Betrachtung, da sowohl gesellschaftliche Akzeptanz als auch die Erfolge extremistischer Parteien Einfluss auf das Phänomen haben. Tötungsdelikte im Linksextremismus sind im einstelligen Bereich, im Rechtsextremismus jedoch im dreistelligen Bereich vorhanden, was die unterschiedliche Gefährlichkeit beider Bewegungen verdeutlicht.
Mit dem Prozess gegen Hanna S. wird nicht nur eine individuelle Tat verhandelt, sondern auch ein wichtiger Aspekt des gesellschaftlichen Umgangs mit Extremismus auf den Prüfstand gestellt. Während die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen unterschiedlichen Vertretern extremistischer Ideologien zunehmen, bleibt die Frage nach der richtigen Deutung der Zusammenhänge offen. Der Prozess wird mit Sicherheit das öffentliche und politische Bewusstsein für diese Thematik schärfen.
Für weitere Informationen zu diesem Thema siehe auch Welt und bpb.