
Am 27. Januar, dem Gedenktag an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz durch die Rote Armee im Jahr 1945, wird in Sachsen erneut an die Opfer des NS-Terrors erinnert. In diesem Jahr steht die Teilnahme der Alternative für Deutschland (AfD) an den Gedenkveranstaltungen stark in der Kritik. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA) bezeichnet die Teilnahme als „Verhöhnung der Opfer des NS-Regimes“ und wirft der AfD vor, eine „im Kern faschistische Partei“ zu sein.
Die AfD ist im Bundesland Sachsen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat jüngst eine Beschwerde der Partei gegen diese Einstufung zurückgewiesen, was die öffentliche Diskussion um ihre Rolle bei den Gedenkveranstaltungen weiter anheizt. Besonders in der Stadt Coswig bei Dresden wird die Situation angespannt: Hier wird der AfD-Redner Felix Kokot, ein ehemaliges Mitglied der CDU, während der städtischen Gedenkveranstaltung sprechen.
Proteste gegen die AfD
Die Teilnahme der AfD an den Gedenkfeiern sorgt für massive Proteste. Neun von 26 Stadtratsmitgliedern, vor allem aus dem linken Lager, stehen der Veranstaltung kritisch gegenüber. CDU-Vorsitzender Volkmar Franke hat jedoch kein Problem mit Kokots Rede. Diese geteilte Haltung führt zu Spannungen in der politischen Landschaft und lässt die Ängste der Zivilgesellschaft vor einer Instrumentalisierung des Gedenkens aufleben.
Die VVN/BdA fordert von demokratischen Politikern, die AfD von den Gedenkveranstaltungen auszuschließen. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich 2024 in Freital, wo die Stadt eine Gedenkfeier absagte, nachdem gegen die Rede eines AfD-Politikers Proteste auftraten. Das Internationale Auschwitz-Komitee bezeichnete die damaligen Pläne als „schamlos und makaber“.
Rechtsextremismus in Sachsen
Die Problematik des Rechtsextremismus hat in Sachsen und darüber hinaus eine besorgniserregende Dimension angenommen. Laut aktuellen Zahlen des Verfassungsschutzes gab es im Jahr 2023 insgesamt 40.600 Personen mit rechtsextremistischem Hintergrund, was einen Anstieg von 1.800 im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Zudem wurden 25.660 rechtsextremistische Straftaten verzeichnet, was einen Anstieg um 22,4 Prozent im Vergleich zu 2022 bedeutet.
Besonders alarmierend ist die Zunahme von gewalttätigen Übergriffen mit fremdenfeindlichem Hintergrund. Im Jahr 2023 wurden 1.148 rechtsextremistische Gewalttaten registriert, ein Anstieg von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Zunahme solcher Vorfälle steht im direkten Kontext zu den anstehenden Gedenkveranstaltungen, bei denen die AfD eine zentrale Rolle spielt.
Insgesamt sind in Sachsen mehr als zwei Dutzend Gedenkveranstaltungen zum Gedenken an die Befreiung von Auschwitz geplant. Die zentrale Gedenkfeier wird in Pirna abgehalten, wo der AfD-Oberbürgermeister Tim Lochner sich jedoch nicht persönlich an der Kranzniederlegung beteiligen will, da er von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten nicht eingeladen wurde.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist die Erinnerungskultur in Deutschland einer kritischen Prüfung ausgesetzt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Dynamik rund um die Gedenkveranstaltungen am 27. Januar entwickeln wird und welche Rolle die AfD dabei spielen kann.
Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie bei Merkur, Volksverpetzer und Verfassungsschutz.