
Ein 57-jähriger Polizeibeamter aus Bremen sieht sich ernsthaften Vorwürfen gegenüber: Er soll am 22. Juli 2021 im Dienst eine Frau vergewaltigt haben. Die Staatsanwaltschaft Bremen hat fast drei Jahre später Anklage erhoben, doch noch steht kein Verhandlungstermin fest. Der Beamte wurde während der Ermittlungen vom Dienst suspendiert, und es wurden umfassende interne Ermittlungen eingeleitet. Die Anklage umfasst gleich zwei Fälle der sexuellen Belästigung gemäß Paragraf 184i des Strafgesetzbuches.
Die lange Dauer der Ermittlungen wird teilweise durch die Notwendigkeit erklärt, die Geschädigte mehrfach zu vernehmen. Nach aktuellen Informationen soll ein Vorfall in einer Modellwohnung einer Prostituierten stattgefunden haben. Der Kontaktpolizist wird beschuldigt, die Frau aufgesucht und sie anschließend vergewaltigt zu haben. Nach der ersten Meldung an die Polizei wurde der Beamte festgenommen. Er muss zudem mit einer Mindeststrafe von drei Jahren und maximal 15 Jahren Haft rechnen, sollte er verurteilt werden.
Wiederholte Vorwürfe und Dienstvergehen
Interessanterweise war der Beamte bereits 2017 wegen eines anderen Sexualdelikts angezeigt worden. Damals führte dies nicht zu einer Suspendierung, sondern lediglich zu einem Disziplinarverfahren, das ohne ausreichende Beweise endete. Er wurde in einen anderen Bereich versetzt und erhielt einen Strafbefehl, der jedoch zu einem Freispruch im November 2021 führte. Aktuell ist das Disziplinarverfahren aufgrund der Strafverfahren bis zum Ausgang der Ermittlungen ausgesetzt. Der Beamte darf die Diensträume nicht betreten, erhält jedoch weiterhin Teilbezüge seines Gehalts.
Die Thematik von sexueller Belästigung im öffentlichen Dienst ist nicht neu. Laut einer Umfrage haben 26 Prozent der Frauen in Deutschland sexuelle Belästigung im Arbeitsumfeld erlebt. Dies bezieht sich nicht nur auf private Unternehmen, sondern auch auf öffentliche Institutionen, wo die Erfahrungen ähnlich verbreitet sind. Ulrich Silberbach, Vorsitzender des Deutschen Beamtenbundes, äußert sich besorgt über diese Befunde und sieht Handlungsbedarf. Die häufigsten Formen der Belästigung reichen von körperlichen Übergriffen bis zu unangemessenen Bemerkungen und anzüglichen Blicken.
Gesellschaftliche Auswirkungen
Besonders besorgniserregend ist, dass Frauen unter 30 Jahren am häufigsten betroffen sind. Von der Umfrage, die 3.000 Bürger umfasste, zeigt sich außerdem, dass nur 44 Prozent der Betroffenen aktiv gegen die Belästigung vorgegangen sind oder Hilfe gesucht haben. Dieser Umstand wirft Fragen über die allgemeine Wahrnehmung und den Umgang mit solchen Vorfällen im öffentlichen Dienst auf. Die Unzufriedenheit mit der kommunalen Verwaltung variiert stark, wie auch die Wahrnehmung der Bürger gegenüber den regierenden Institutionen.
Die Untersuchung des Falles des Bremer Polizisten hebt die Notwendigkeit hervor, den Umgang mit sexueller Belästigung innerhalb des öffentlichen Dienstes ernst zu nehmen. Obgleich die Anklage gegen den Beamten erst drei Jahre nach den Vorfällen erhoben wurde, bleibt abzuwarten, welche Konsequenzen dies für die Strafverfolgung und für das Vertrauen in den öffentlichen Dienst haben wird.