
Der Diskurs über ein mögliches gesellschaftliches Pflichtjahr für Frauen gewinnt zunehmend an Intensität, insbesondere durch einen aktuellen Antrag des Kreisverbands Göppingen der CDU-Frauenunion. Dieser Antrag sieht vor, Frauen von derartigen Verpflichtungen zu entbinden. Als Begründung wird angeführt, dass viele Frauen, die studieren, bereits mit langen Ausbildungszeiten konfrontiert sind und darüber hinaus unter Druck bezüglich ihrer Familienplanung stehen. Diese Argumentation spiegelt sich auch in der individuellen Perspektive der Autorin wider, die berichtet, selbst ein Freiwilliges Jahr nach dem Abitur absolviert zu haben und im Anschluss eine fünfjährige Studienzeit sowie eine dreijährige journalistische Ausbildung durchlaufen zu haben. Sie stellt fest, dass ihr solches Engagement nicht negativ auf ihre Lebensplanung ausgewirkt hat.
Die Autorin hebt die Vorteile eines gesellschaftlichen Jahres hervor. Sie betont, dass es zur persönlichen Entwicklung beisteuert, das Verantwortungsbewusstsein stärkt und Selbstständigkeit fördert. Die Idee, für ein Jahr in sozialen, ökologischen, politischen oder kulturellen Bereichen zu arbeiten, wird als wertvoll eingestuft. Tatsächlich nehmen viele Absolventen nach dem Schulabschluss ein Jahr Auszeit, um zu reisen oder zu arbeiten. Dabei könnte ein sozialer Dienst in diesem Zeitraum eine sinnvolle und bereichernde Möglichkeit darstellen. Laut der Schwäbischen absolvieren jährlich rund 100.000 junge Menschen in Deutschland einen Freiwilligendienst, wobei die Mehrheit dieser Schüler weiblich ist.
Freiwilliges Engagement in Deutschland
Das freiwillige Engagement in Deutschland hat eine weitreichende Bedeutung für die Gesellschaft und zeigt sich in den Zahlen: Im Jahr 2019 engagierten sich 39,7 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren freiwillig. Dies entspricht etwa 28,8 Millionen Menschen, die sich in vielfältigen Bereichen aktiv einbringen. Diese engagierten Personen kommen aus unterschiedlichen Altersgruppen, Geschlechtern, beruflichen Kontexten und haben verschiedene Migrationshintergründe. Die Tätigkeiten reichen von der Trainertätigkeit in Sportvereinen über die Organisation von Veranstaltungen bis hin zur Unterstützung in Krankenhäusern und der aktiven Mitgestaltung in Bürgerinitiativen. Diese breite Palette des Engagements belegt die Komplexität und den Wert freiwilliger Arbeit für unsere Gesellschaft, wie von der Deutschen Zivilgesellschaft dokumentiert.
Eine gezielte Engagementpolitik erscheint unerlässlich, um gleichwertige Teilhabechancen für alle Mitglieder der Gesellschaft zu schaffen. Es ist notwendig, dass zivilgesellschaftliche Organisationen die Diversität der Gesellschaft widerspiegeln, um mehr Menschen für freiwilliges Engagement zu gewinnen und diese langfristig zu binden. Hierbei spielt Geschlechtergerechtigkeit eine zentrale Rolle, um eine gerechte Arbeitsaufteilung in der Gesellschaft zu gewährleisten. Zudem sollten unterschiedliche Bildungsgruppen nicht benachteiligt werden, um die Teilhabechancen im Engagement zu verbessern. Der Zugang zu Informationen sowie die Nutzung digitaler Technologien müssen ebenfalls gefördert werden.
In Anbetracht dieser Rahmenbedingungen wird deutlich, dass die Diskussion um ein Pflichtjahr für Frauen nicht nur eine Frage der Gleichheit ist. Sie spiegelt weitreichende gesellschaftliche Herausforderungen und Chancen wider, die im Kontext des freiwilligen Engagements betrachtet werden müssen. Letztendlich könnte sich ein solches Jahr als wertvolle Investments in die persönliche und gesellschaftliche Entwicklung erweisen.