
Das Pfandsystem in Deutschland hat sich als äußerst beliebt bei Verbrauchern etabliert. Beim Kauf von Flaschen oder Kästen zahlen Käufer an der Kasse, können jedoch später ihr Geld zurückerhalten. Dieses System fördert nicht nur die Rückgabe von Leergut, sondern auch das Horten von Pfand als eine Art Rücklage. Ein interessanter Aspekt des Pfandsystems ist der grenzüberschreitende „Pfandtourismus“, der aktuell zwischen Deutschland und Österreich zu beobachten ist. Insbesondere bayerische Touristen nutzen die kürzlich erhöhte Pfandgebühr in Österreich, um dort Flaschen und Kästen, die sie in Deutschland erworben haben, zurückzugeben.
In Österreich wurde das Pfand Anfang Februar 2025 erhöht: von 9 Cent pro Flasche auf 20 Cent. Dies führt zu einer unverhofften Gewinnmöglichkeit für Rückgäbe, da das Pfand für einen Bierkasten in Österreich nun 3 Euro beträgt – doppelt so hoch wie in Deutschland, wo es nur 1,50 Euro für einen Kasten ist. Ein Kasten mit 20 Bierflaschen kann somit einen Gewinn von 3,90 Euro bringen, was viele Reisende anzieht, um von diesem Gefälle zu profitieren. Während der ersten Tage nach dieser Erhöhung berichtete Christian Thiel von der Brauerei Schönramer von einer „katastrophalen Tendenz“, da viele Händler große Mengen an Flaschen ablehnten, die sie nicht im Sortiment führen.
Effekte des Pfandtourismus
Der Verband der Brauereien Österreichs hat zwar eine Absage an übermäßigen Pfandtourismus erteilt, registriert jedoch eine leichte Zunahme an Rückgaben. Konkrete Zahlen zu einem gewachsenen „Pfandtourismus“ liegen noch nicht vor, jedoch haben grenznahe Handelspartner bereits steigende Aktivitäten bemerkt. Die Supermarktkette Spar Österreich hat im Grenzgebiet, wie in Salzburg und Oberösterreich, bisher keinen Ausnahmezustand beobachtet, befürchtet aber durch Medienberichte einen Anstieg in den kommenden Wochen.
Die Regelungen der Händler sind zudem klar: Diese dürfen nur handelsübliche Mengen an Flaschen und Kästen zurücknehmen. Das bedeutet, weitere Retouren können abgelehnt werden, besonders wenn die Produkte nicht zum Sortiment des betreffenden Händlers gehören. Dies spiegelt die gering ausgeprägte Flexibilität innerhalb des Pfandsystems wider. Der Rewe-Konzern beschreibt das Phänomen des Pfandtourismus als bisher „überschaubar“.
Debatten um das Pfandsystem
In Deutschland gibt es bereits seit Jahren Diskussionen über eine mögliche Pfanderhöhung. Denn das Pfand von 8 Cent pro Flasche ist seit Jahrzehnten unverändert. Viele Deutsche argumentieren, dass der Betrag von 20 Cent, wie in Österreich, näher an den tatsächlichen Kosten liegen würde. Jedoch scheuen deutsche Brauereien eine Erhöhung aus mehreren Gründen: mögliche Kundenabschreckung, die hohen Kosten von mehreren hundert Millionen Euro, sowie das Risiko von Engpässen bei Leergut.
In einem allgemeinen Kontext haben Pfandsysteme in Europa weiter mit Herausforderungen zu kämpfen. Laut Informationen von Capital sind sie noch immer die Ausnahme. Die EU plant, den Anteil von Mehrwegflaschen im Handel zu erhöhen. Die EU-Kommission hat einen Vorschlag zur neuen Verpackungsverordnung veröffentlicht, der bis 2030 die Bereitstellung von mindestens 10% der Getränkeflaschen in Mehrwegverpackungen vorschreibt. Bis 2040 soll dieser Anteil auf 25% steigen. Aktuell liegt dieser Anteil in Deutschland bei nur 43%, was in einem deutlichen Widerspruch zu den angestrebten gesetzlichen Zielen steht.
Umweltschützer üben Kritik an Discountern, die sich auf Einwegpfandsysteme konzentrieren. Dabei haben Mehrwegflaschen durch effiziente Systeme die Möglichkeit, bis zu 25-mal wiederverwendet zu werden. Die EU hofft, durch einen Anstieg der Mehrwegquote auch den Verpackungsmüll deutlich reduzieren zu können, insbesondere durch die Erhöhung des Anteils von Glas-Mehrwegflaschen.
Die Entwicklungen rund um das Pfandsystem und die Auseinandersetzungen darüber werden sowohl von Verbrauchern als auch von Umweltschützern aufmerksam verfolgt. Wie sich die aktuelle Situation in der Grenzregion entwickeln wird, bleibt abzuwarten.