
Im Ruhrgebiet hat der Wahlkampf für die CDU an Fahrt aufgenommen. Bei einer Betriebsrätekonferenz in Bochum, organisiert von der CDA, trat der Parteivorsitzende Friedrich Merz auf. Vor über 150 Betriebsräten und Gewerkschaftern thematisierte Merz die drängenden Fragen zur Zukunft der Industrie und die Arbeitsplatzsicherheit, alltägliche Sorgen in einer traditionell von der SPD dominierten Region. Trotz der wachsenden Zustimmung der CDU unter Arbeitern bleibt jedoch ein merkliches Misstrauen gegenüber Merz, der das Image eines gefühlskalten Managers trägt.
Merz begann seine Rede mit einem Verweis auf Donald Trump und stellte das CDU-Wahlprogramm vor. Dabei betonte er die Notwendigkeit von Wachstum für die Sicherung von Beschäftigung und einem starken Sozialstaat. Er bekannte sich zur betrieblichen Mitbestimmung und erörterte, wie wichtig es sei, die Arbeitnehmer zu stärken. Allerdings vermied es Merz, heikle Themen anzusprechen, bei denen er von CDA-Chef Dennis Radtke abweicht, um Konflikte zu vermeiden.
Kontroversen um das Bürgergeld
Ein zentrales Thema blieb das Bürgergeld, welches Merz in einer späteren Äußerung ablehnte. Kritisch äußerte er sich auch über Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), der in einem Interview gesagt hatte, dass es „bescheuert“ sei, den Job zu kündigen, um Bürgergeld zu beziehen. Merz kontratierte, dass die Menschen, die das Bürgergeld-System in Anspruch nehmen, „nicht bescheuert“ seien und durchaus rechnen könnten. Er stellte in den Raum, ob es sich für Arbeitnehmer noch lohnen würde, zu arbeiten, wenn man Bürgergeld beziehen und eventuell Schwarzarbeit leisten könne.
Zum 1. Januar 2025 wird das Bürgergeld um 12 Prozent angehoben, was in zwei Jahren eine Steigerung um ein Viertel bedeutet. Merz hinterfragte, welcher Arbeitnehmer mit einer solchen Erhöhung zu rechnen hätte. Er kündigte an, dass die Union im Falle einer Regierungsbeteiligung einen „Systemwechsel“ beim Bürgergeld anstrebe. Diese Positionierung könnte entscheidend für die CDU sein, um bei der angespannten Industriekonjunktur, die aktuell von stagnierenden Kreditgeschäften und einer rückläufigen Nachfrage betroffen ist, neue Wähler zu gewinnen.
Die Herausforderung der Industriekrise
Die Industriekrise ist ein bedeutendes Thema, das auch Merz‘ Auftritt prägte. Laut einer Analyse stagnierte das Kreditgeschäft mit Unternehmen im dritten Quartal bei nur 0,6% Plus im Vergleich zum Vorjahr. Kredite an die Industrie schrumpfen stark, während der Dienstleistungssektor moderates Wachstum zeigt. Diese Entwicklung könnte dazu führen, dass die CDU verstärkt den Dialog mit den arbeitenden Menschen sucht, um Wählerstimmen zurückzugewinnen.
In einer Umgebung, in der die AfD in Umfragen unter Arbeitern stark an Zustimmung gewonnen hat, wurde es für Merz zur Herausforderung, genau die richtigen Themen anzusprechen. Er sparte nicht mit Hinweisen auf die AfD, woraufhin er das lauteste Applaus des Abends erhielt. Doch die Warnungen von Radtke, dass die Industriekrise der AfD Wähler zutreibt, dürften ihn zum Nachdenken anregen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob Merz genug Rückhalt in der Industrie gewinnen kann, um die Bedenken der Arbeiter auszuräumen und die CDU im Ruhrgebiet zu stärken. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die 2024 mit einem prognostizierten BIP-Rückgang von 0,2% belastet sind, erfordern ganz neue Ansätze und innovative Lösungen.