
Am Donnerstag wachen die Palästinenser im Gazastreifen erneut mit dem Geräusch von Bombardierungen auf, obwohl ein Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas am Vorabend angekündigt wurde. Dies sorgt für gemischte Gefühle in der Region, die seit 15 Monaten unter einem verheerenden Krieg leidet, bei dem über 46.700 Palästinenser getötet und Tausende vermisst wurden. Die Hoffnung, die der Waffenstillstand mit sich bringt, wird jedoch von der ständigen Angst begleitet, dass die Kämpfe wieder aufflammen könnten.
In Deir el-Balah, einer Stadt im Gazastreifen, haben viele Menschen ihre Heimat aufgrund der Bombardierungen verloren und sind nun auf der Suche nach Sicherheit. Nahed al-Wer, ein Psychiater, erläutert die psychologischen Traumata, die die Zivilbevölkerung erlitten hat, und warnt vor möglichen künftigen Eskalationen. „Wir haben so viele Menschen verloren“, sagt er und verweist auf die langfristigen psychischen Folgen des Konflikts.
Psychologische Belastung und der Drang nach Frieden
Yasmeen al-Helo, eine Mutter aus der Region, beschreibt den inneren Konflikt, den sie durchlebt. Während sie einerseits Freude über den potenziellen Frieden empfindet, trauert sie gleichzeitig um die vielen geliebten Menschen, die im Krieg verloren gingen. Mohammed al-Mudawwi, ein ehemaliger Häftling, der während des Krieges gefangen war, äußert die Hoffnung auf medizinische Behandlung im Ausland, nachdem er während seiner Haft misshandelt wurde.
Der Journalist Saleh Aljafarawi, der ebenfalls aus dem Norden Gazas vertrieben wurde, äußert den starken Wunsch, nach dem Krieg zurückzukehren und den Wiederaufbau voranzutreiben. Diese individuellen Schicksale verdeutlichen, wie der Konflikt das Leben der Menschen über die unmittelbaren Gefahren hinaus nachhaltig prägt.
Die psychologischen Folgen des Konflikts
Die psychologischen Auswirkungen des Konflikts sind weitreichend. Laut Rahel Bachem vom Psychologischen Institut der Universität Zürich leiden sowohl Palästinenser als auch Israelis unter den traumatischen Erlebnissen, die in den letzten Monaten verstärkt wurden. Tägliche Sirenenalarme in Israel und bestimmten Gebieten des Westjordanlandes sorgen für ständige Angstzustände in der Zivilbevölkerung.
Die Weltgesundheitsorganisation warnt vor den langanhaltenden psychischen Folgen, die aus den aktuellen und vergangenen Konflikten resultieren. Viele Menschen in Gaza sind bereits vor diesen Kämpfen psychologisch belastet gewesen, und die Notwendigkeit für psychosoziale Unterstützung ist dringlicher denn je. Es wird deutlich, dass Traumata nicht nur individuelle, sondern auch kollektive Folgen haben, die heutzutage in der Kommunikation und den Denkweisen innerhalb von Gruppen erkennbar sind.
Ein Ausweg aus der Gewaltspirale
Der Umgang mit diesen Traumata ist entscheidend für die zukünftige Entwicklung in der Region. Experten warnen davor, dass die ständige Präsenz von belastenden Bildern das Risiko für posttraumatische Belastungsstörungen erhöhen kann. Um die Spirale der Gewalt zu durchbrechen, wird empfohlen, empathischer miteinander umzugehen, was entscheidend für die Heilung ist. Lösungen wie eine Zweistaatenlösung oder eine Einheitslösung könnten möglich sein, erfordern aber tiefgreifende politische Maßnahmen und einen authentischen Dialog zwischen den Konfliktparteien.
Der Konflikt zwischen Israel und Hamas ist mehr als ein militärischer Streit; er ist eine Geschichte von Trauma und Traumatisierung, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Individuelle und kollektive Traumata bedürfen nicht nur emotionale Aufarbeitung, sondern auch politischer Maßnahmen, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Auch wenn die Hoffnung auf den Waffenstillstand in Deir el-Balah besteht, wird die Herausforderung, diese psychologischen Narben zu heilen und einen echten Dialog zu fördern, weiterhin bleiben.
Al Jazeera berichtet, dass trotz des Waffenstillstands in Gaza die Menge an Zivilopfern und die tiefe Verzweiflung der Menschen nicht ignoriert werden kann. Auch die psychologischen Ansätze, wie sie in Foreign Affairs erläutert werden, zeigen, dass das Verständnis und die Empathie für alle Beteiligten notwendig sind, um die Auswirkungen des langfristigen Konflikts zu lindern. Laut SRF ist es unerlässlich, die psychologische Unterstützungsinfrastruktur zu stärken, um den Menschen in dieser Krisensituation zu helfen.