
In Nordrhein-Westfalen sorgt der unerwartete Wechsel von Hybrid-Dienstfahrzeugen zu Diesel-Modellen für Kontroversen. Die NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach und der EU-Minister Nathanael Liminski, beide von der CDU, haben sich entschieden, ihre bisherigen Hybridautos gegen Dieselfahrzeuge auszutauschen. Diese Entscheidung wird von Scharrenbach mit dem Argument untermauert, dass Diesel-Fahrzeuge aufgrund ihrer besseren CO2-Bilanz als klimafreundlicher gelten.
Scharrenbach fuhr bis Oktober 2024 einen Audi A8 L TFSI 60 e quattro und hat nun auf einen Audi A8 mit Dieselantrieb gewechselt. Auch Liminski tauschte seinen BMW 750 e xDrive gegen ein vergleichbares Dieselmodell aus. Laut Angaben des Ministeriums wurde allerdings ein erheblicher Teil der Kilometern, die mit den Hybridfahrzeugen zurückgelegt wurden, nur in kurzen Strecken gefahren, was die Nutzung des Elektroantriebs limitierte.
Technische und ökologische Gesichtspunkte
Die Entscheidung, auf Dieselmodelle umzusteigen, stützt sich zudem auf technische Aspekte: Die Hybridfahrzeuge weisen ein höheres Gewicht auf, was zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führt. Dies macht das Umsteigen auf Diesel für die beiden Minister als sinnvoll. Diesel-Fahrzeuge können eine höhere Reichweite bieten und unter bestimmten Bedingungen wird eine kraftstoffsparendere Nutzung als gegeben angesehen.
Allerdings ist der Wechsel zu Dieselfahrzeugen uneinheitlich in der Landesregierung. Während nahezu alle anderen Kabinettsmitglieder Hybrid- oder Elektroautos fahren, nutzen nur Ministerpräsident Hendrik Wüst und Innenminister Herbert Reul ebenfalls Dieselautos, und das in gepanzerten Varianten.
Debatte über Antriebstechnologien
Dieser Wechsel hat eine breite Debatte über die klimaschonendsten Antriebsarten für Dienstfahrzeuge angestoßen. Eine aktuelle Studie des Fraunhofer-Instituts sowie des International Council on Clean Transportation (ICCT) zeigt auf, dass der reale Kraftstoffverbrauch von Plug-in-Hybriden signifikant über den offiziellen Angaben liegt. In ihrer Untersuchung stellte sich heraus, dass der Verbrauch von Dienstwagen-Hybriden zwischen 7 und 9 Litern pro 100 Kilometer liegt, was fünfmal so hoch ist wie die Herstellerangaben.
Darüber hinaus bestätigt der ADAC eine Diskrepanz zwischen den Herstellerangaben und dem realen Verbrauch in Ecotests. In den häufig verwendeten WLTP-Tests wird von einem höheren Anteil an elektrischem Fahranteil ausgegangen, der in der Realität jedoch häufig nicht erreicht wird.
Politische und finanzielle Gesichtspunkte
Der Wechsel zu Dieselfahrzeugen weckt auch Fragen zu den politischen Implikationen und den finanziellen Vorteilen. Die Deutsche Umwelthilfe hat im Jahr 2024 eine Übersicht der CO2-Emissionen der Dienstwagen der Regierungschefs veröffentlicht. In dieser speziellen Betrachtung wurden unterschiedliche Bewertungssysteme verwendet, die die Umweltverträglichkeit der Antriebssysteme differenziert bewerten.
Zusätzlich wurden die Rahmenbedingungen für die Auswahl neuer Dienstfahrzeuge, unter Berücksichtigung von rechtlichen und praktischen Aspekten, hervorgehoben. Letztlich liegt die Entscheidung über die Dienstwagen immer bei den jeweiligen Berechtigten, was die Heterogenität in den Dienstwagenflotten verdeutlicht. Die Förderungen für Plug-in-Hybride wurden eingestellt, während die Versteuerung des geldwerten Vorteils für diese Fahrzeuge günstiger ist als für Verbrenner. Dies schränkt jedoch aufgrund der hohen Anschaffungskosten und des höheren Kraftstoffverbrauchs den finanziellen Vorteil erheblich ein.
Die Wahl der optimalen Antriebsart ist demnach nicht nur eine technische, sondern auch eine politische und ökonomische Herausforderung, die maßgeblich von den individuellen Fahrprofilen und Lademöglichkeiten der Staatsdiener beeinflusst wird. Eine neue Ökobilanzanalyse, die vom VDI (Verein Deutscher Ingenieure) durchgeführt wurde, befasst sich ebenfalls mit den Auswirkungen verschiedener Antriebssysteme auf das Klima und bietet wertvolle Erkenntnisse für die zukünftige Gestaltung der Fahrzeugflotten.
Für weiterführende Informationen zur Analyse und zu den Antriebssystemen werden VDI-Mitglieder im geschlossenen Mitgliederbereich Zugriff auf umfassende Publikationen haben.
Die Diskussion über umweltfreundliche Antriebssysteme für Dienstfahrzeuge wird also weiterhin im Focus bleiben und könnte maßgeblich die Richtlinien der nächsten Jahre prägen.
Weitere Informationen zu den Projekten und Analysen finden Sie in den Berichten von Ruhr24, Vorreiter-Zeitung und auf der Webseite des VDI.