
In Nordrhein-Westfalen (NRW) finden derzeit umfangreiche Bauarbeiten statt, die tief in die Geschichte der Region eingreifen. Bei Ausgrabungen an der Detmolder Straße in Paderborn haben Archäologen bedeutende Funde ans Licht gebracht, die die frühmittelalterliche Siedlungsstruktur im Gebiet beleuchten. Diese Entdeckungen sind nicht nur von lokalem Interesse, sondern werfen auch Fragen zur sozialen und kulturellen Vergangenheit der Region auf.
Die aktuellen Ausgrabungen haben die Überreste einer frühmittelalterlichen Siedlung zutage gefördert. Zu den bemerkenswertesten Funden gehören Wasserleitungen, eine Wasserschöpfstelle und ein vollständig erhaltenes Grubenhaus. Besonders herausragend ist ein exquisit gestalteter Schwertgurtbeschlag aus Buntmetall, der als der schönste Fund der Grabung bezeichnet wurde. Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai hebt hervor, dass die kunstvollen Verzierungen darauf hindeuten, dass der Besitzer des Gurtbeschlags eine sozial hochstehende Person war.
Bedeutende Funde und deren Kontext
Die Grabungen haben über zwei Hektar Fläche bearbeitet und mehr als 300 mittelalterliche Funde zu Tage gefördert. Diese umfassen hauptsächlich Holzkohle, Keramikscherben sowie Tierknochen. Die datierten Keramikfunde legen den Schluss nahe, dass die Siedlung vom Frühmittelalter geprägt war, wobei die Form und Machart der Keramiken maßgeblich zur Einordnung beitrugen.
Eine besonders interessante Entdeckung war ein scheinbar als Grabhügel gedeuteter Bereich, der sich als Wasserschöpfstelle herausstellte. Diese war tief bis zum Grundwasser angelegt, was auf ein ausgeklügeltes System zur Wasserversorgung hinweist. Archäologen vermuten, dass es mehrere solcher Stellen gab, die möglicherweise als Teil eines Wasserleitungssystems dienten. Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Region in der frühen Mittelalterzeit eine bedeutende landwirtschaftliche Funktion hatte.
Vor fast 100 Jahren führte Baurat Bernhard Ortmann erste Untersuchungen durch, die ein Urnengrab-Feld aus der Bronzezeit dokumentierten. Allerdings waren die Dokumentation und die Fundmaterialien aus dieser Zeit unzureichend. Die aktuellen Ausgrabungen durch den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) haben nun endlich detaillierte Informationen zu dieser wichtigen Epoche der Paderborner Geschichte hervorgebracht.
Offene Fragen und Ausblick
Die Entdeckung des Schwertgurtbeschlags lässt zahlreiche Fragen offen. Insbesondere bleibt unklar, welche sozialen Zusammenhänge und Lebensumstände den Fund umgeben. Der bemerkenswerte Zustand des Gurtbeschlags, der mit feuervergoldeten Pflanzenornamenten verziert ist, führt zu Spekulationen über die Stellung des Besitzers innerhalb der Gesellschaft, insbesondere im Kontext der karolingischen „Renovatio“ des 8. und 9. Jahrhunderts.
Die laufenden Ausgrabungen in Paderborn haben das Potenzial, das Wissen über die frühe mittelalterliche Siedlungsgeschichte in der Region erheblich zu erweitern. Die Fragen zu den Funden und den historischen Hintergründen werden Archäologen und Historiker auch in den kommenden Monaten beschäftigen.