
Am Freitagabend kam es im Zentrum von Athen zu einer verheerenden Explosion vor den Büros der griechischen Bahngesellschaft Hellenic Train. Die Explosion, die durch ein Bekennerschreiben auf einer autonomen Internetseite am Sonntag bestätigt wurde, wurde von der Untergrundorganisation „Revolutionäre Selbstverteidigung der Klassen“ übernommen. Trotz der Wucht der Detonation gab es glücklicherweise keine Verletzten. Die Polizei hatte aufgrund eines anonymen Hinweises rechtzeitig evakuiert, sodass das Gebäude, obwohl stark beschädigt, nicht mit Menschen gefüllt war.
Die Antiterroreinheit der griechischen Polizei hat die Ermittlungen übernommen. In ihrem Bekennerschreiben kritisierte die Organisation Hellenic Train sowie die konservative Regierung für die Missstände im Eisenbahnsystem, welche bereits nach einem verheerenden Zugunglück vor zwei Jahren, bei dem 57 Menschen starben, in der öffentlichen Diskussion standen. Bei diesem Unglück kollidierte ein Intercity-Zug frontal mit einem Güterzug, und die Ermittlungen dazu sind nach wie vor nicht abgeschlossen.
Gesellschaftliche Spannungen und Vergeltung
„Revolutionäre Selbstverteidigung der Klassen“ hatte bereits im Februar 2024 einen Bombenanschlag auf die Büros des griechischen Arbeitsministeriums verübt, bei dem ebenfalls keine Menschen zu Schaden kamen. Solche autonomen und linksgerichteten Anschläge sind in Griechenland nicht neu. Sie sind Teil einer längerfristigen Bewegung, die aus sozialer Ungerechtigkeit resultiert und die Rückkehr zu einem gewaltsamen Widerstand fordert. Historisch gesehen zielen diese Gruppen darauf ab, den Staat zu destabilisieren.
Die aktuelle Situation in Griechenland wird vor dem Hintergrund schwerer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Krisen betrachtet. Oft wird die staatliche Reaktion auf gesellschaftliche Proteste als unzureichend wahrgenommen. Diese Unzufriedenheit wird durch tiefsitzende Probleme, wie das schwerwiegende Unglück der Bahn, das in der Öffentlichkeit großes Unverständnis und Zorn hervorrief, nur weiter angeheizt.
Herausforderungen für Geflüchtete
Während solche gewaltsamen Proteste stattfinden, müssen auch die Herausforderungen für Flüchtlinge und Migranten in Griechenland in den Blick genommen werden. Im Jahr 2022 erreichten über 18.000 Menschen Griechenland, während die Zahl der Toten und Vermissten auf 326 anstieg. UNHCR und IOM forderten sichere Fluchtwege, doch Berichte über illegale Pushbacks und schwerwiegende Missachtungen der Menschenrechte für Geflüchtete machen die Runde.
Auf der Insel Samos waren manche Asylsuchende in einem EU-finanzierten „geschlossenen Zentrum mit kontrolliertem Zugang“ rechtswidrig inhaftiert. Zudem wurde im vergangenen Jahr die Beendigung eines Wohnungsprogramms für schutzbedürftige Asylsuchende angekündigt, was NGO’s und Menschenrechtsorganisationen in erhebliche Besorgnis versetzt hat, insbesondere wegen der schlechten Unterkunftsbedingungen und der fehlenden Gesundheitsversorgung.
Der zunehmende Druck vonseiten internationaler Gremien, wie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der gegen Griechenland wegen der unzureichenden Rettungsmaßnahmen in Hochrisikosituationen urteilte, wird von der griechischen Regierung oft zurückgewiesen. Daher bleibt abzuwarten, inwieweit diese Forderungen zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen für Migranten und zur Lösung der inneren Konflikte führen können.