
Die Pflanzenforschung an der Universität Kiel erhält mit der Gründung des „Kiel Plant Center“ (KPC) unter der Leitung von Prof. Eva Stukenbrock einen neuen Impuls. Diese Initiative zielt darauf ab, die Forschungskompetenzen in der Kieler Region zu bündeln und Kooperationen zwischen verschiedenen Wissenschaftlern zu stärken. Stukenbrock ist nicht nur international vernetzt, sondern auch Mitglied der Académie de Sciences in Paris sowie Fellow des Canadian Institute for Advanced Research (CIFAR). Darüber hinaus wird sie die Max-Planck-Fellow-Gruppe „Umweltgenomik“ am Plöner Institut weiterführen.
Ein zentrales Forschungsthema von Stukenbrock und ihrem Team liegt in der Analyse von Mikroorganismen und pflanzlichen Wirtsorganismen – insbesondere des pflanzenschädlichen Pilzes Zymoseptoria tritici, einer Hauptursache für Ernteverluste bei Weizen. Die Forschungsgruppe untersucht die molekularen Mechanismen der adaptiven Evolution und Diversifikation dieser Pilze, um letztendlich den Schutz von Nutzpflanzen zu verbessern.
Weltweit größte Sammlung von Zymoseptoria tritici
Ein weiterer bedeutsamer Meilenstein in Stukenbrocks Karriere ist die Übernahme einer historischen Sammlung von nahezu 8.000 Zugangsdaten des Weizenpathogens Zymoseptoria tritici, die über 30 Jahre von Prof. Gert Kema, dem Leiter der Phytopathologie an der Wageningen University, zusammengetragen wurde. Diese Sammlung gilt als die größte und bedeutendste weltweit. Während Kema sich künftig der Erforschung des Bananenpathogens Fusarium widmet, wird Stukenbrock die wertvolle Sammlung für die Forschung an der Universität Kiel bewahren.
Die im März 2022 begonnene Übergabe der Sammlung wurde am 5. September 2023 im Rahmen einer festlichen Veranstaltung des Kiel Plant Center abgeschlossen. Kema unterstrich die Dringlichkeit, sich mit den durch Zymoseptoria tritici verursachten Bedrohungen für die globale Weizenproduktion auseinanderzusetzen. Der Pilz führt zu einem signifikanten Ertragsverlust und stellt ein Risiko für die Ernährungssicherheit dar, insbesondere angesichts der vereinzelten Anpassung von Landwirten an den Klimawandel.
Die Klimaherausforderung und die Rolle der Forschung
Der Klimawandel beeinflusst die Landwirtschaft weltweit, indem er die Verbreitung von Schädlingen und Krankheiten begünstigt und die Anbaupraktiken verändert. Dr. Seung Y. Rhee, Leiterin des Plant Resilience Institute, warnt in einem aktuellen White Paper vor den dramatischen Folgen unzureichender Anpassungen in der Pflanzenproduktion – von Hungersnöten bis hin zu globalen Konflikten. Dies macht die Forschung zu resilienten Pflanzen umso dringlicher.
Die Herausforderungen beim Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis sind erheblich. Insbesondere in den Ländern des globalen Südens besteht ein großer Bedarf, die Ergebnisse in konkrete landwirtschaftliche Lösungen umzusetzen. Experten wie Prof. Dr. Andreas Weber aus Düsseldorf betonen, dass internationale Kooperationen notwendig sind, um Ressourcen und Technologien zu bündeln.
Ein markanter Ansatz, der vorgeschlagen wird, ist das „Farm-to-Lab-to-Farm“-Modell, das realistische landwirtschaftliche Herausforderungen direkt in die Forschung integriert. Um neue Technologien wie CRISPR/Cas schnell auf den Markt zu bringen, fordern Wissenschaftler eine transparente und angemessene Regulierung.
Die Kombination aus Stukenbrocks Forschung zur Evolutionsbiologie des Zymoseptoria tritici und den globalen Herausforderungen im Bereich Klimawandel und Ernährungssicherheit zeigt die Dringlichkeit und Bedeutung zeitgemäßer Pflanzenforschung. Angesichts der sich verändernden klimatischen Bedingungen, die besonders Regionen wie Nordwesteuropa betreffen, sind innovative Ansätze zur Bekämpfung von Pflanzenpathogenen und zur Entwicklung widerstandsfähiger Nutzpflanzen unerlässlich.
Durch ihre umfassende Expertise und die wertvolle Sammlung ist Stukenbrock bestens positioniert, um einen bedeutenden Beitrag zur Lösung dieser Herausforderungen zu leisten. Ihre Arbeit wird entscheidend dafür sein, wie wir zukünftige Nahrungsmittelproduktion sicherstellen können.